Druck ist im Alltag allgegenwärtig. In einer losen Interviewreihe stellt der VDMA-Fachverband Druck- und Papiertechnik Akteure aus seinen Reihen vor. Im aktuellen Interview spricht Rainer Hundsdörfer, der im Herbst 2016 nach Stationen bei den Maschinenbauern Trumpf, Schaeffler, Weinig und ebm papst den Vorstandsvorsitz der Heidelberger Druckmaschinen AG übernommen hat, über seine Beziehung zum Druckmaschinenbau, über seine Digitalisierungs- und Wachstumspläne für Heidelberg und über die Rolle des Industriellen Drucks in seiner Strategie.

Herr Hundsdörfer, sind Sie gut im Druckmaschinenbau angekommen?

Rainer Hundsdörfer: Ja. Es bleibt ja Maschinenbau, mit denselben Kundenstrukturen, wie bei meinen vorherigen Stationen. Das Gros unserer Maschinen geht an mittelständische Betriebe. Ich kenne den Druckmaschinenbau zudem gut, da ich meine erste Stelle nach dem Studium bei einem Zulieferer für Druckmaschinen hatte. Daher bin ich mit Druckverfahren vertraut, und war seither aus persönlichem Interesse bei fast jeder Drupa.

Auf der Bilanzpressekonferenz haben Sie jüngst angekündigt, Heidelberg wieder zum wachstumsstarken, profitablen Leuchtturm der Branche machen zu wollen. Wie?

Hundsdörfer: Wir haben alle Chancen dazu. Bei meinen frühen Stationen haben immer alle zu Heidelberg als Markt- und Innovationsführer aufgeschaut. Wer eine wirklich moderne Maschinenbaufabrik sehen wollte, musste zu Heidelberg! Meine Vorgänger haben trotz der schwierigen Marktlage weiter massiv in Forschung & Entwicklung investiert – und die digitale Kompetenz des Konzerns ausgebaut. Das ist eine gute Basis, um an erfolgreiche Zeiten anzuknüpfen. Wir bauen längst nicht mehr nur Maschinen, sondern betten diese in einen komplett digitalen Workflow ein. Unsere Software deckt ab dem Punkt, wo Auftraggeber ihre Daten zur Druckerei senden bis zur Auslieferung der Druckprodukte die komplette Kette ab. Dank dieser weit fortgeschrittenen Digitalisierung haben wir Zugriff auf eine enorme Fülle an Informationen – unabhängig davon, ob im Offset-, Flexo-, Sieb- oder Tiefdruckverfahren oder im Inkjetprozess gedruckt wird. Außer dem Farbübertrag ist heute nichts mehr analog.

Was wollen Sie mit den gewonnenen Daten anstellen?

Hundsdörfer: Sie bieten uns die Möglichkeit, neue digitale Geschäftsmodelle umzusetzen. Bisher stand die Maschine im Zentrum des Geschehens. Künftig ist sie nur noch Mittel zum Zweck. Der erste Schritt ist die Automatisierung der Abläufe inklusive der Disposition der Verbrauchsmaterialien. Sie macht unseren Kunden das Leben einfacher. Im nächsten Schritt können wir ihre Produktivität auf Basis der Daten optimieren. Hier spätestens wird es interessant, weil es sich für unsere Kunden und für uns gleichermaßen rechnet. Wir können Kunden dann vollumfängliche Servicepakete anbieten, dabei optimale Performance ihrer Maschinen gewährleisten und automatisch alle Verbrauchsmaterialien bereitstellen. In solchen Modellen muss der Kunde künftig nicht einmal mehr die Maschine kaufen, sondern er kann uns pro bedrucktem Bogen bezahlen. Wir sind dabei, solche Modelle zu testen.

Das Desktop-Modell übertragen auf industrielle Druckereien?

Hundsdörfer: Es wird noch etwas dauern. Doch das ist unsere Chance, wieder ganz nach vorn zu kommen: Nicht mehr im reinen Wettbewerb der besten Druckmaschine sondern im Wettbewerb der besten Geschäftsmodelle für die Druckindustrie. Dafür bereiten wir uns u.a. vor, indem wir unser Angebot an Verbrauchsmaterialien systematisch ausbauen. Anders als beispielsweise Werkzeugmaschinen konsumieren Druckmaschinen ständig große Mengen davon. Verbrauchsmaterialien sind ein zentraler Baustein unserer Wachstumsstrategie. Wir wollen als Maschinenbauer raus aus dem reinen Inputgeschäft und rein ins Outputgeschäft. Der Druckmaschinenbau hat ein Marktpotential von 5 Mrd. Euro – je zur Hälfte für Offset- und Digitaldruckmaschinen. Der Output-Wert der Druckindustrie liegt bei 400 bis 500 Mrd. Euro jährlich. Wenn wir uns davon eine Scheibe abschneiden, wird sich Wachstum einstellen und dieses Geschäft ist längst nicht so volatil wie der Maschinenbau. Die Maschine zählt künftig zur „digital Technology“. Ihre Betriebsdaten sind der Schlüssel zum „digital Business“. Auf diesen zwei Säulen ruht mittlerweile die Struktur unseres Konzerns.

Das klingt sehr zukunftsorientiert – aber auch nach Umstellung für Ihre Mitarbeiter…

Hundsdörfer: … die wir mitnehmen müssen. Darauf verwende ich viel Zeit. Denn wenn wir nur weitermachen wie bisher, bekommen wir das Stigma „Druck und Papier ist tot“ nicht los. Doch das Gegenteil ist der Fall! Druck lebt und ist allgegenwärtig! Aber unsere Rolle ändert sich. Ich sehe uns als Enabler. Wir machen den Unterschied, wenn es um Identifikation mit Marken und um Kommunikation von Inhalten geht. Der Verpackungsdruck wird nicht zufällig immer aufwändiger; auch bei online vertriebenen Produkten. Denn wenn der erste Eindruck nicht wertig ist, lassen Kunden ihre Bestellung zurückgehen. Zusätzlich bietet aufwändiger Verpackungsdruck Mehrwerte wie den Schutz vor Plagiatoren. Fortlaufende Nummerierung oder Mikroprägungen auf Verpackungen stellen die Fälscher vor echte Probleme.

Wer sind die Kunden für Ihre digitalen Geschäftsmodelle?

Hundsdörfer: Globale Großunternehmen haben ihre eigenen Strukturen – und für kleinere handwerkliche Druckereien machen Fullservice-Angebote ebenfalls wenig Sinn. Aber für die große Masse der mittelständischen Druckereien, die verstärkt auf industrielle Prozesse und Digitalisierung setzen, lohnt es sich! Für sie zählt, dass die Abläufe im Drucksaal reibungslos funktionieren. Das können wir zu günstigen, exakt planbaren Bedingungen gewährleisten.

Welche Rolle spielt der Industrielle Druck in Ihren Strategien?

Hundsdörfer: Industrialisierung ist im Druck wie in vielen anderen Branchen das Gebot der Stunde. Die Transformation vom handwerklichen zum industriellen Druck ist in vollem Gang. Heidelberg treibt diese Entwicklung mit Innovationen wie unserer Push-to-Stop Philosophie oder unseren industriellen Digitaldrucksystemen „Primefire“ und „Labelfire“ voran. Wichtig ist, dass die Innovation Werte für Kunden schafft. Verfügbarkeit und Automatisierungsgrad sind dafür das A und O. In industriellen Prozessen müssen die Maschinen Aufträge ohne Stopp oder manuelle Brüche bei Formatwechseln abarbeiten. Mit unserem Einstieg in den digitalen Verpackungsdruck adressieren wir exakt diese Themen: Verfügbarkeit, Automatisierung und maximale Produktivität. Es genügt nicht, einen weiterentwickelten Kopierer hinzustellen, und das dann Industriellen Druck zu nennen. Dann reicht die technische Verfügbarkeit nicht. Hier liegt der wesentliche Unterschied zwischen Handwerk und industriellem Druck. Heidelberg ist mit verlässlicher Technik zum Markführer geworden – und wird weiterhin damit punkten.

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