Fast alle Kennziffern des Arbeitsmarkts weisen eine positive Tendenz aus, aber eben nicht alle.

Die Zahl der Unterbeschäftigten – derer, die krank oder in Maßnahmen, aber eigentlich auch arbeitslos sind – fällt mit 275.308 deutlich höher aus als die der registrierten Arbeitslosen.

Der Bericht der Arbeitsagentur weist aus, dass im Juni zwar 56.840 Personen ihre Arbeitslosigkeit beendeten. Das sind allerdings über 2.827 oder 4,7 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Und von diesen Personen konnten nur 17.555 oder 30,9 Prozent aus der Arbeitslosigkeit in eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt übergehen.

Von den im Jahresverlauf entstandenen mehr als 111.200 zusätzlichen Arbeitsplätzen in der baden-württembergischen Wirtschaft konnten statistisch gesehen nur 19.192 durch Arbeitslose besetzt werden. Hier wird deutlich, dass die Arbeitsagenturen von Seiten der Unternehmen nur bei weniger als der Hälfte der Stellenbesetzungen angefragt werden und dass nur 14 Prozent der tatsächlichen Stellenbesetzungen über die Arbeitsagenturen erfolgen.

Die Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit zeigt sich besonders an der durchschnittlichen Dauer der Arbeitslosigkeit für Langzeitarbeitslose, die im SGB-II-Bereich jetzt bei 595 Tagen liegt und im langfristigen Trend weiterhin steigt. Im Jahr 2009 lag die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit im SGB II noch bei 421 Tagen, also 174 Tage oder ein halbes Jahr weniger als heute.

Dass die Langzeitarbeitslosigkeit statistisch stärker sinkt als die Gesamtarbeitslosigkeit, liegt an der niedrigeren Ausgangszahl. Gegenüber dem Vormonat gibt es 2.827 und gegenüber dem Vorjahresmonat 19.192 weniger Arbeitslose, aber nur 750 bzw. 7.530 weniger Langzeitarbeitslose. Außerdem wird gerade das Ausmaß der Langzeitarbeitslosigkeit in der amtlichen Statistik unterschätzt, weil sie z.B. durch die Teilnahme an Maßnahmen der Jobcenter unterbrochen und die Dauer der Arbeitslosigkeit wieder von Null an gezählt wird.

Auswertungen auf der Bundesebene haben gezeigt, dass Langzeitarbeitslose nur eine Chance von 1,6 Prozent auf eine Erwerbstätigkeit im allgemeinen Arbeitsmarkt haben. Langzeitarbeitslose brauchen vor allem eine aktive Unterstützung durch öffentlich geförderte Beschäftigung. Die Zahl der Beschäftigung schaffenden Maßnahmen ist jedoch sowohl gegenüber dem Vormonat wie auch gegenüber dem Vorjahresmonat auf 4.780 Plätze gesunken. Diese Zahl ist gegenüber einer Gesamtzahl von 54.534 Langzeitarbeitslosen mehr als ungenügend, und auch die Gesamtzahl von 77.028 Eingliederungsmaßnahmen ist sowohl gegenüber dem Vormonat (-2.572) wie auch gegenüber dem Vorjahresmonat (-2.867) deutlich zurückgegangen.

Die im Koalitionsvertrag angekündigte Erhöhung der Eingliederungsmittel gleicht nicht die Kürzungen aus, die in den vergangenen Jahren vorgenommen waren, und sie kann für 2018 schon nicht mehr umgesetzt werden. Das angekündigte „Programm für soziale Teilhabe“ der Bundesregierung kann erst ab dem kommenden Jahr umgesetzt werden und die bisher bekannten Eckpunkte setzen derart hohe Hürden in der Umsetzung , dass ein Erfolg dieses Programms heute schon fragwürdig erscheint.

Die Diakonie fordert die Bundesregierung und alle Parteien im Bundestag dringend dazu auf, diese Fehlentwicklungen zu korrigieren, damit Langzeitarbeitslose echte Teilhabechancen bekommen und nicht auf eine ungewissen Zukunft vertröstet werden.

Die positive wirtschaftliche Entwicklung muss jetzt genutzt werden, um Langzeitarbeitslosen durch eine qualifizierte öffentlich geförderte Beschäftigung die Teilhabe an Arbeit zu ermöglichen und eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen.

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