Das Oberlandesgericht Dresden hat am 17. Juni 2020 erneut festgestellt, dass hunderte Prämiensparverträge, geschlossen in den 1990er und 2000er Jahren, keine wirksame Zinsänderungsklausel enthalten. Nach dem Urteil vom 22. April 2020, bei dem es die Zinsklauseln der Sparkasse Leipzig unter die Lupe genommen hatte, hat es nun auch die Rechtswidrigkeit der Anpassungsklausel in Verträgen der Sparkasse Zwickau moniert.

Welche Auswirkungen haben diese Urteile (Aktenzeichen: 5 MK 1/20, 5 MK 1/19) auf die Sparkassen-Kunden im Land Brandenburg? Finanzexperte Erk Schaarschmidt von der Verbraucherzentrale Brandenburg klärt auf.

Herr Schaarschmidt, zum Verständnis, was ist eine Zinsänderungsklausel?

Erk Schaarschmidt: „Je nachdem wie sich der Marktzins ändert, muss auch der variable Zins im Sparvertrag angepasst werden. Die Regeln dazu müssen im Vertrag nachvollziehbar dargestellt sein. Daran fehlt es jedoch in den betroffenen Verträgen. Deshalb müssen die Verträge nun nachträglich angepasst werden. Ist eine einvernehmliche Lösung zwischen Sparkasse und Sparer nicht möglich, müssen Gerichte entscheiden.“

Gilt dies denn auch für Prämiensparverträge bei Brandenburger Sparkassen? Die Urteile des OLG Dresden beziehen sich auf Verträge der Sparkassen Leipzig und Zwickau.

Schaarschmidt: „In den uns vorliegenden Verträgen aus Brandenburg gibt es gleiche oder ähnliche Klauseln. Eine Formulierung wie „Die Spareinlage wird zur Zeit mit XX % verzinst.“ ist nicht ausreichend. Das letzte Wort darüber, wie die Zinsanpassung zu erfolgen hat, ist hier aber noch nicht gesprochen. Die Urteile des Oberlandesgerichtes sind noch nicht rechtskräftig. Der Streit wird vor dem Bundesgerichtshof weitergeführt. Bis zu einer endgültigen Klärung könnten Forderungen der Betroffenen jedoch schon verjährt sein. Daher sollten Betroffene jetzt tätig werden.“

Was können Sparer denn nun tun?

Schaarschmidt: „Prämiensparer sollten ihre Zinserträge jetzt nachrechnen lassen und den fehlenden Betrag bei ihrer Sparkasse einfordern. Derzeit wimmeln einige Sparkassen in Brandenburg Verbraucher noch ab, einige unterbreiten jedoch auch erste Vergleichsangebote. Da ist im Moment noch viel im Fluss. Melden sich genügend Betroffene, werden wir in Brandenburg auch eine Musterfeststellungsklage anstreben, falls die Sparkassen keine nennenswerten Nachzahlungen anbieten. Zahlreiche Sparer haben sich auch schon für individuelle Klagen entschieden.

Wichtig ist, dass die betroffenen Brandenburger Verbraucher nun aktiv werden und so Druck auf ihre Sparkasse ausüben. Wer von seiner Sparkasse ein Ablehnungsschreiben zur Nachzahlung bekommen hat, kann sich an uns wenden und dabei unterstützen, eine Musterklage gegen Brandenburger Sparkassen zu initiieren.“

Wie kann ich meine Zinsen nachberechnen lassen?

Schaarschmidt: „Die Nachberechnung der Zinsen durch einen Sachverständigen bietet die Verbraucherzentrale an. Wir benötigen dafür Kopien der Vertragsunterlagen und der Sparbücher. Das OLG Dresden hat in seinem Urteil ausgeführt, dass es die von uns verwendeten Parameter für die Berechnung als geeignet einstuft. Wichtig sind beispielsweise ein langfristiger Referenzzins und eine relative Zinsanpassung.“

Kann ich auch erstmal abwarten und schauen, was der Bundesgerichtshof endgültig zur Rechtslage sagt und dann meine Rechte geltend machen?

Schaarschmidt: „Leider nein. Es ist damit zu rechnen, dass erste Ansprüche kurz vor der Verjährung stehen oder im schlechtesten Fall bereits verjährt sind, wenn der Bundesgerichtshof entscheidet. Das OLG Dresden vertritt die Ansicht, dass die Zinsanpassungsansprüche drei Jahre nach Vertragsbeendigung verjähren. Die erste Kündigungswelle, ausgelöst von der Sparkasse Märkisch-Oderland, schwappte im Jahr 2018 durch Brandenburg. Die Ansprüche dieser Sparer könnten also bereits Ende 2021 verjähren. Die betroffenen Verbraucher sollten sich daher rechtzeitig auf den Weg machen, um Nachzahlungsansprüche nicht zu verlieren.“

Über den Verbraucherzentrale Brandenburg e.V.

Die Verbraucherzentrale Brandenburg e.V. (VZB) ist die wichtigste Interessenvertretung der Brandenburger Verbraucher*innen gegenüber Politik und Wirtschaft. Sie bietet unabhängige Verbraucherberatung, -information und -bildung zu zahlreichen Themen: Markt & Recht, Reise & Freizeit, Finanzen & Versicherungen, Lebensmittel & Ernährung, Digitales & Telekommunikation, Energie, Bauen & Wohnen. Zudem berät sie zu deutsch-polnischem Verbraucherrecht.

Darüber hinaus mahnt die VZB Unternehmen ab, die zu Ungunsten von Verbraucher*innen gegen geltendes Recht verstoßen und klärt die Öffentlichkeit über Verbraucherrechte, Abzockmaschen und Spartipps auf.

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