„Zur erfolgreichen, das heißt sozial, ökologisch, wirtschaftlich und politisch nachhaltigen Gestaltung der Transformation braucht es einen handlungsfähigen Staat. Der Markt regelt nicht alles. Ganz wichtig: Die Beschäftigten und ihre Interessenvertretungen müssen von Beginn an in unternehmerische und politische Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Nur so kann Transformation im Sinne Guter Arbeit gelingen“, fordert Thomas Otto, Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer des Saarlandes. Diese Leitgedanken prägen den Bericht an die Regierung des Saarlandes 2020 mit dem Schwerpunkt „Transformation und Krise aktiv gestalten“, den die Arbeitskammer heute vorgestellt hat.

„Die Corona-Krise hat an den Grundproblemen der saarländischen Wirtschafts- und Arbeitswelt nur sehr wenig geändert. Sie beschleunigt und verstärkt aber die Herausforderungen, vor denen wir im Saarland bereits seit Längerem stehen und schärft den Blick auf Probleme und Risiken, aber auch auf Chancen für einen Wandel“, so Otto.  Zentral ist dabei, dass Transformation zwar vor dem Hintergrund der globalen Entwicklungen unumgänglich ist. „Aber sie bricht nicht als Naturphänomen über uns  herein, sondern ist geprägt von menschengemachten Entscheidungen und damit politisch gestaltbar“, betont Otto.

Damit gesellschaftliche Ziele erreicht werden können, muss Politik – auch im Saarland – entscheidenden Einfluss auf die Ausgestaltung des Marktes nehmen.  Das gilt insbesondere für die Sicherstellung und den Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge in einem umfassenden Sinne, also Infrastrukturen, Gesundheits- und Bildungssystem sowie für die demokratische, soziale und ökologische Bewältigung der Transformation der Wirtschaft. Finanzielle Handlungsfähigkeit ist dazu Grundvoraussetzung.

„Es ist klar, dass das Saarland als Haushaltsnotlageland nicht alleine in der Lage sein wird, die Herausforderungen zu bewältigen. Unterstützung von Bund und EU ist zwingend erforderlich“, so Otto. Wichtig ist dabei eine Neuausrichtung und Aufstockung der Regionalförderung, weiterhin eine Übernahme der kommunalen Altschulden und eine Berücksichtigung des Saarlandes bei Strukturförderprogrammen, die sich z.B. aus der Nationalen Wasserstoffstrategie oder dem Handlungskonzept Stahl ergeben. Das Saarland muss vom Europäischen Green Deal, dem Fonds für einen gerechten Übergang und von Bundesfördermitteln profitieren.

Um bei Bund und EU Mittel zur Strukturförderung einwerben zu können, muss das  Saarland seine Konzepte zum Ausbau der Wasserstoffwirtschaft schnell konkretisieren und weiterentwickeln. Auch weitere Möglichkeiten, im Saarland Technologiekompetenz und damit Beschäftigungsmöglichkeiten für neue Leitmärkte der regenerativen Energiewirtschaft, Energieeffizienz und klimafreundlicher Mobilität zu erwerben, müssen gefördert werden.

Ein wichtiges Signal setzt das Wirtschaftsministerium mit der geplanten Beteiligungsgesellschaft, die für den Standort wichtigen Unternehmen bei der Transformation unter die Arme greifen soll, um so Beschäftigung im Saarland zu sichern. „Aus unserer Sicht dringend erforderlich ist die Beteiligung von Arbeitnehmervertretungen an der Erstellung der Fördergrundsätze und der Auswahl zu fördernder Unternehmen“, fordert Otto.

Denn: Beschäftigte und ihre Interessenvertretungen sind gewillt und in der Lage, als Innovationstreiber an der Gestaltung der Zukunft des Landes mitzuwirken. Die Stärkung der Mitbestimmung auf betrieblicher wie politischer Ebene ist dafür Voraussetzung. In allen im Bericht angesprochenen Handlungsfeldern ist Mitbestimmung unabdingbare Voraussetzung für eine aus Arbeitnehmerperspektive – also im Sinne Guter Arbeit – erfolgreiche Transformation.

Die Stärkung der Mitbestimmung ist auch absolut zentral, wenn es um die Gestaltung eines wesentlichen Transformationstreibers – der Digitalisierung – geht. Die gewählten Vertretungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen von Anfang an in Digitalisierungsprozesse im Betrieb einbezogen werden. Viele Studien haben gezeigt, dass die Technologieeinführung dann deutlich erfolgreicher verläuft. „Auch die Landesregierung kann Mitbestimmung fördern, nämlich indem sie sie zur Voraussetzung für die Vergabe von Fördermitteln macht. Das hat sie bisher leider versäumt“, so Otto.

Ein weiteres zentrales Handlungsfeld für eine erfolgreiche Transformation ist Weiterbildung. „Für Betriebs- und Personalräte muss ein generelles Initiativ- und Mitbestimmungsrecht bei Personalplanung, Beschäftigungssicherung und Qualifizierung sowie der Erstellung betrieblicher Weiterbildungspläne eingeführt werden“, betont Caspar. „Denn auch hier gilt der Leitsatz: Erfolgreiche Transformation kann nur gelingen, wenn die Beschäftigten auf dem Weg mitgenommen werden“, sagt Otto.

Die Arbeitskammer fordert in diesem Zusammenhang auch die Einführung eines „Transformationskurzarbeitergeldes“, das Kurzarbeit mit Qualifizierung und Weiterbildung verbindet. „Insgesamt muss unbedingt gelingen, die Chancen der Digitalisierung im Sinne der Beschäftigten zu nutzen und den ökologischen Umbau beschäftigungssichernd zu gestalten“, so Otto abschließend. „Ökologische und Beschäftigungsziele dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.“

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