Das Europäische Parlament und der Rat haben sich auf den EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 geeinigt. Das Parlament hat kleinere Korrekturen mit etwas erhöhten Budgets für Forschung, Gesundheit, Grenzschutz und das Erasmusprogramm durchsetzen können. Mit der Einigung ist auch das vorletzte Hindernis für den EU-Corona-Wiederaufbauplan beseitigt. Jetzt müssen alle 27 Mitgliedstaaten noch zustimmen, was in Bezug auf Ungarn noch unsicher ist. Ungarn kritisiert, dass künftig die Vergabe von EU-Haushaltsmitteln bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit gestoppt werden kann. Prof.  Dr.  Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am ZEW Mannheim, beurteilt die Einigung folgendermaßen:

„Die Einigung war überfällig. Der Corona-Wiederaufbauplan ‚Next Generation EU‘ kann sein Ziel der Konjunkturstabilisierung nur dann erreichen, wenn die Projekte rasch anlaufen und das Geld nicht erst fließt, wenn die Corona-Krise lange vorbei ist. Insofern ist die Einigung mit dem Parlament zu begrüßen. Dennoch bleibt das Ergebnis zum nächsten Finanzrahmen hochgradig enttäuschend. Erneut haben sich die Besitzstandswahrer durchgesetzt. Eine mutige Umschichtung des Budgets in Richtung echter europäischer öffentlicher Güter ist nicht gelungen. Bis 2027 wird Europa mehr als 250 Milliarden Euro Direktzahlungen an oftmals große landwirtschaftliche Betriebe ausschütten und alleine dafür ein Viertel des regulären EU-Haushalts vergeuden. Das Corona-Zusatzbudget im Umfang von 750 Milliarden Euro könnte viel bewirken, wenn die Europäische Kommission und der Rat nun eine sorgfältige und kompromisslose Kontrolle betreiben. Wenn die Corona-Hilfen hingegen genutzt werden, um in den Mitgliedstaaten Haushaltslöcher zu stopfen, ist nicht mit einer langfristig positiven Wachstumswirkung zu rechnen. Leider hat die Kommission eine schlechte Bilanz in der Überwachung der Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten. Im Stabilitäts- und Wachstumspakt hat sie aus politischer Rücksichtnahme auf nationale Regierungen in den letzten Jahren niemals wirklich durchgegriffen. Hier muss die von der Leyen-Kommission einen Neuansatz wagen und ein wirksames Controlling der umfangreichen Haushaltsmittel etablieren. Sonst wird das Geld in den altbekannten Kanälen versickern, ohne den notwendigen Wachstumsschub zu entfachen.“

Über ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim

Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Durch gezielten Wissenstransfer und Weiterbildung begleitet das ZEW wirtschaftliche Veränderungsprozesse. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.

Forschungsfelder des ZEW

Arbeitsmärkte und Personalmanagement; Digitale Ökonomie; Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik; Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement; Soziale Sicherung und Verteilung; Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement; Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft; Marktdesign.

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