Bevorstehende Änderungen in der Naturschutzgesetzgebung sowie gemeinsame Initiativen zwischen der Rohstoffindustrie und dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) bildeten einen Schwerpunkt des 23. Steine- und Erdenseminars des Industrieverbandes Steine und Erden Baden-Württemberg e.V. und dessen Kooperationspartner Dolde Mayen & Partner. Genehmigungsverfahren während der Corona-Pandemie und das neue Geologiedatengesetz waren weitere heiße Themen. Mehr als 70 Teilnehmer verfolgten die als Onlineveranstaltung organisierte Tagung. Sie blickten vor allem auf die praktischen Folgen dieser Veränderungen für Genehmigungsverfahren.

„Der ISTE versteckt sich nicht!“ Diese Feststellung Oliver Mohrs, Vizepräsident des ISTE und Vorsitzender des Umwelt- und Rohstoffpolitischen Ausschusses, demonstrierte gleichzeitig Selbstbewusstsein und Dialogbereitschaft der Branche. „Es gibt nur wenige Wirtschaftszweige, die sich so vielen umweltpolitischen Themen stellen müssen wie die Rohstoffindustrie“, stellte er fest. Deshalb akzeptiere sein Verband den Herausforderungen. Insbesondere mit dem Konzept „Natur auf Zeit“ wolle man neue Impulse setzen, so Mohr.

Wie diese aussehen können, zeigten die dann folgenden Vorträge. Dr. Stefan Lütkes vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit brachte alle auf den aktuellen Stand, was die geplante Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes angeht. „Die Novelle ist maßgeschneidert für Ihre Branche“, sagte er. Er rechne damit, dass diese noch vor Weihnachten im Bundeskabinett beraten werde. Ein besonderes Augenmerk gelte dabei dem Insektenschutz. Den „Schulterschluss zwischen Industrie und Naturschutz“ habe man in Berlin durchaus zur Kenntnis genommen.

Die gemeinsame Initiative zu „Natur auf Zeit“ stellten Johannes Enssle, Vorsitzender des NABU-Landesverbandes Baden-Württemberg, und ISTE-Referent Manuel Sedlak vor. „Abbaustätten können Ersatz darstellen für verlorene Naturräume“, sagte Enssle und lobte besondere Initiativen der Industrie wie etwa die Urzeitweide in Gerhausen oder das Gelbbauchunkenprojekt. NABU und ISTE träten in ihrem Diskussionspapier für Legalausnahmen ein: „Wir alle wollen keine Vermeidungspflege!“ Industrie und Naturschutz bräuchten allerdings keine maßnahmenspezifischen Ausnahmen, sondern nutzungsintegrierte Ansätze, betonte Manuel Sedlak.

Eine gute fachliche Praxis als nutzungsintegrierter Lösungsansatz beim Konzept „Natur auf Zeit“ erläuterten Pascal Bunk (Knauf Gips KG) und ISTE-Referent Jochen Roeder. Im Gegensatz zu anderen Vorhaben fänden sich zeitlich begrenzte Naturräume in der Rohstoffindustrie bereits während des Abbaus. Dieser Unterschied sei wichtig, denn so ließen sich Netto-Verluste an Arten vermeiden. Im Gegenteil kämen viele geschützte Arten inzwischen nur noch in Rohstoffgewinnungsstätten vor, was zu einem Netto-Gewinn führe: „Wir stärken so den Biotopverbund“, so Bunk. Roeder wies auf die Bedeutung eines regelmäßigen Monitorings bei zeitlich begrenzten Naturräumen und Ersatzmaßnahmen hin. Dies sei das Herzstück des gesamten Konzeptes, nicht zuletzt mit dem Ziel, eine bundesweite Biodiversitätsdatenbank zu schaffen.

Erfahrungen mit der Genehmigungspraxis während der Corona-Pandemie stellte unter Berücksichtigung des Planungssicherstellungsgesetzes des Bundes Dr. Winfried Porsch von „Dolde Mayen & Partner Rechtsanwälte“ vor. Hier habe der Bund schnell und zufriedenstellend geholfen, um die Verfahren auch während der Krise weiterzuführen, sagte er. Die Stuttgarter Kanzlei war Co-Veranstalter des Seminars.

Die Herausforderungen an die Branche durch das neue Geologiedatengesetz erläuterte Dr. Ipek Ölcüm vom Bundesverband Mineralische Rohstoffe (MIRO). Sie erläuterte das Gesetz, das seit Ende Juni in Kraft ist und Unternehmen zur Freigabe von Erkundungsdaten verpflichtet. Sie wies auf seine Schwachstellen hin und unterstrich, dass der MIRO das Gesetz verfassungsrechtlich überprüfen lassen will.

Dr. Matthias Hangst erklärte die Rechtswirkung von in Aufstellung befindlichen Raumordnungs- und Bauleitplänen, Dr. Moritz Lange ging auf die aktuelle Rechtsprechung zum Gebietsschutz ein. Beide Juristen gehören zur Kanzlei Dolde Mayen & Partner Rechtsanwälte in Stuttgart.

In einer Umfrage unter den Teilnehmern der Veranstaltung identifizierten diese den Artenschutz, Öffentlichkeitsbeteiligung sowie Boden- und Grundwasserschutz als die drei größten Herausforderungen für Zulassungsverfahren der Steine- und Erden Industrie. Schutzgebiete und Fragen der Grundstücksverfügbarkeit stellen der Erhebung zufolge ebenfalls regelmäßig große Hürden dar.

Über den Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg e.V.

Die Steine- und Erden-Industrie in Baden-Württemberg – www.iste.de

In Baden-Württemberg gibt es rund 500 Unternehmen, die mineralische Rohstoffe gewinnen, weiterverarbeiten oder gebrauchte mineralische Rohstoffe recyceln. Insgesamt geschieht dies in rund 800 Werken mit 15.000 Beschäftigten. Diese Branche erwirtschaftet einen Gesamtumsatz von rund 5 Milliarden Euro pro Jahr im Land.

Der ISTE wurde bereits sechs Jahre vor dem Land Baden-Württemberg im März 1946 als „Fachverband Steine und Erden Württemberg und Baden e.V.“ gegründet. Seitdem hat er sich zu einem modernen, dienstleistungsorientierten Wirtschafts- und Arbeitgeberverband entwickelt.

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