Im November 2020 stieß die Kustodin für Alltagskultur, Andrea Rudolph, bei einer Recherche auf einen auf den ersten Blick unscheinbaren „Dresdner Becher“ in einer norddeutschen Kunstauktion. Auf den zweiten Blick stellte sich heraus, dass es sich um ein sehr frühes Judaika-Zeugnis aus Dresden handelt. Gespräche mit der jüdischen Gemeinde, Dr. Herbert Lappe und Rabbiner Akiva Weinberg, bestätigten die Einschätzung der Direktorin des Stadtmuseums, Christina Ludwig, dass es sich dabei um ein jüdisches Zeremonialobjekt handelt, einen sogenannten Kidduschbecher: Solche Becher braucht es am Vorabend des Schabbat für das feierliche Abendessen, bei dem Segenssprüche (Kiddusch) über Wein und Schabbatbrote ausgesprochen werden. Idealerweise sollte jede/r Zuhörer/in vom Kidduschwein trinken.

Der Weinsegen gehört zu den wichtigsten Ritualen im Judentum. Dieser Bedeutung entsprechend, werden die Segensgefäße oft aus kostbaren Materialien wie Edelmetallen gefertigt. Auf der Schauseite des kleinen Bechers ist eine hebräische Gravur: כוס [kos], wörtlich übersetzt „Glas“ oder „Becher“. Wahrscheinlich kam das Gefäß in jüdischen Besitz und wurde dort mit der hebräischen Inschrift versehen, um ihn als Kidduschbecher zu nutzen.

Der Becher ist ein wichtiger Erwerb für die Judaica-Sammlung des Stadtmuseums, vor allem, da materielle Zeugnisse aus dem Dresden des 18. Jahrhunderts sehr selten sind. Er läutet das große Jubiläumsjahr ein, welches auch im Stadtmuseum Dresden 2021 eine Rolle spielen wird: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland.

Der Becher stammt aus der Werkstatt von Carl David Schrödel. Sein Vater Carl Heinrich Schödel, geb. um 1679, begründete die Goldschmiedefamilie Schrödel, die verschiedene Hofjuweliere stellte und bis in die 1830er Jahre als Hofjuwelier tätig war. Carl David Schrödel, um 1712 geboren, erhielt 1756 seinen Meisterbrief. Er wurde als Goldarbeiter und Hofjuwelier geführt und starb 1773 in Dresden.

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