Die Bundestagswahl am 26. September verspricht spannend zu werden. Das neu gewählte Parlament wird maßgeblich die Rahmenbedingungen im Land und damit auch für Unternehmen und deren Beschäftigten bestimmen. Die Handwerkskammer für Ostfriesland und die Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg haben dies zum Anlass genommen, den Direktkandidaten im Bundestags-Wahlkreis 24 (Aurich-Emden) auf den wirtschaftlichen Zahn zu fühlen.

Friedrich-Bernd Albers (Die Linke), Sarah Buss (FDP), Stefan Maas (Bündnis90/Die Grünen), Dr. Joachim Kleen (CDU) und Johann Saathoff (SPD) stellten sich den Fragen des Publikums in der Handwerkskammer in Aurich. In seiner Begrüßung bedankte sich der Handwerkskammer-Präsident Albert Lienemann bei allen Politikern für die Möglichkeit, gemeinsam über wirtschaftliche Anliegen zu diskutieren.

Nach einigen einleitenden Worten von Moderator Helmut Loerts-Sabin, dem Leiter des Brune-Mettcker-Verlags (Wilhelmshaven), wurde die Fragerunde eröffnet. Besonders die Corona-Reglementierungen, klimapolitische Ziele sowie der Ausbau von Infrastrukturen und digitalen Anbindungen im ländlichen Raum standen zur Debatte.

Umgang mit Corona wurde kontrovers diskutiert

Während sich die Redner – mit Ausnahme von Stefan Maas – vor allem bei dem Bau der B210n und der Küstenautobahn A20 sowie der Außenems-Vertiefung einig waren, wurde der politische Umgang mit der Pandemie kontrovers diskutiert. Die Auricher Richterin Sarah Buss sprach von einem Verlust von Freiheitsrechten im Zuge der Corona-Beschränkungen und mangelnden rechtsstaatlichen Befugnissen. So könne sie beispielsweise nicht nachvollziehen, „mit welchem Recht Supermärkte im Lockdown weiterhin öffnen konnten, während Baumärkte schließen mussten.“ Sie wolle für einen transparenteren Umgang des Rechtsstaates einstehen.

Auch der Psychiater Stefan Maas aus Norden forderte ein besseres Kommunizieren der Politik, beispielsweise wenn es um die Impfkampagne gehe. Bundestagsabgeordneter Johann Saathoff aus der Krummhörn verteidigte das Vorgehen der Regierung. Um beispielsweise die Unternehmen zu unterstützen, seien rund 40 Milliarden Euro für Kurzarbeitergeld seit Anfang 2020 geflossen. Die deutsche Wirtschaft stehe im Vergleich zu anderen Ländern sehr gut da: „Wir sitzen auf dem ‚Driver Seat‘ (Fahrersitz) und werden schnell wieder durchstarten.“ Dem pflichtete der CDU-Kandidat Dr. Joachim Kleen (CDU), Tierarzt aus Großheide, bei. Er sei sich sicher, „dass auch Ostfriesland gestärkt aus der Krise hervorgehen werde“. Der Emder Friedrich-Bernd Albers, Betriebsrat der IG Metall im Volkswagenwerk Emden, sagte, die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig der Sozialstaat sei: „Die Höhe der gezahlten Fördergelder ist beispiellos und hat viele Arbeitsplätze und Unternehmen gerettet.“

FDP fordert technologieoffene Förderung der Mobilität

Ein weiterer Schlagabtausch folgte bei der Diskussion um die E-Mobilität und der Energiewende. Die FDP-Kandidatin Buss sprach sich gegen eine „Einbahnstraße für die Elektromobilität“ und eine technologieoffene Förderung beispielsweise in Richtung Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe aus. Den direkten Konter gab es von Johann Saathoff. Nach seinen Aussagen seien die E-Stromer sowohl für den Privatverbraucher als auch im Schwerlastverkehr im Vergleich zu ökologischen Antrieben die kostengünstigere Alternative.

Der Linke-Kandidat Albers sah den flächendeckenden Ausbau einer Lade-Infrastruktur als eine Mammutaufgabe an, ebenso wie die Umrüstung zur Stromvollversorgung aus erneuerbaren Energien und die Einrichtung der dazugehörigen Infrastruktur. „Da fehlt mir die Phantasie, wie das alles umzusetzen ist“, gab er zu.

Energieziele für 2050 als realistische Vorgaben

Für Johann Saathoff war das eine Steilvorlage. Für ihn sind die Energieziele 2050 realistisch. Die deutsche Stromversorgung lasse sich vollständig auf  Windkraftanlagen, Photovoltaik und Co. umstellen. Er sprach von einem europaweiten Netzwerk-Ausbau. Aber auch in Deutschland müssten die entsprechenden politischen Weichen gestellt werden, um die Energiewende voranzutreiben. So bewarb er die von der Bundesregierung kürzlich verabschiedete Wasserstoffstrategie. Darin soll der „grüne Wasserstoff“ fossile Brennstoffe ersetzen. In der Speicherung von Öko-Strom sah er für die hiesige Region eine große Chance. „Wir dürfen uns von Wilhelmshaven in diesem Bereich nicht den Rang ablaufen lassen“, so Saathoff.

Für Dr. Joachim Kleen nimmt Ostfriesland eine Vorbildfunktion in Sachen Erneuerbare Energien ein. Mit Blick auf den weiteren Ausbau der neuen Technologien sah er besonders in Emden eine Drehscheibe. In Bezug auf die Sicherstellung der deutschlandweiten Stromversorgung sprach er von einem zu schnellen Ausstieg aus der Kernenergie. Erst die Atomkraftwerke abzuschalten und dann die Kohlewerke, sei nicht der richtige Weg. Dem entgegnete Saathoff ein dickes Veto: Er sei für ein schnelles Abschalten der Meiler.

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