Der NABU Hamburg kritisiert, dass der Hamburger Senat wissentlich die Empfehlungen seines eigenen Klimabeirates ignoriert und klimaschädliche Vorhaben wie die geplante A26 Ost auch ohne Überprüfung realisieren will. Das geht aus einer Schriftlichen Kleinen Anfrage der Bürgerschaftsabgeordneten Heike Sudmann hervor. Die Zeitschiene für den Bau der A26 Ost ist abermals nach hinten korrigiert worden – mit Konsequenzen für die Gesamtkosten des Projekts, die perspektivisch wohl auf über zwei Milliarden Euro für zehn Kilometer Autobahn hinauslaufen.

Dass die so wichtige Novelle des Klimaschutzgesetzes weiterhin nicht vorankommt, gleichzeitig aber Verkehrsinfrastrukturprojekte wie die A26 Ost mit erheblicher negativer Klimawirkung kategorisch befürwortet werden, ist für den NABU Hamburg nicht nachvollziehbar. Der NABU fordert, ernsthaft zu priorisieren und angesichts der postulierten Verkehrswende nicht alle geplanten Vorhaben einfach umzusetzen, als hätte es die Klimadebatte nie gegeben.

„Der Umgang mit der A26 Ost offenbart auf erschreckende Weise das klimapolitische Totalversagen des Senats. Sich krampfhaft an ein Projekt der Vergangenheit zu klammern, in der Hoffnung, dass es die Herausforderungen der Zukunft löst, ist ein fataler Fehler. Die Anpassung der Klimaziele und die dringend notwendige Verschärfung der Maßnahmen im Verkehrsbereich werden auf die lange Bank geschoben. Das Bekenntnis zur aberwitzig teuren, ökologisch schädlichen und klimapolitisch antiquierten A26 Ost steht dagegen anscheinend über allem – koste es, was es wolle. Mit echtem Gemeinwohl oder öffentlichem Interesse hat das nicht mehr viel zu tun“, sagt Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg. 

Dass der Senat zusätzlich die Empfehlungen seines wissenschaftlichen Klimabeirates bewusst ignoriert, ist nach Auffassung des NABU blanker Hohn. So wird der Klimabeirat zu einem Feigenblatt degradiert. Der 15-köpfige Klimabeirat des Hamburger Senats hatte den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ausgewertet und dem Senat empfohlen, dass die A26 Ost erneut überprüft werden sollte, weil im Planfeststellungsverfahren keine Ermittlung der CO2-Emissionen stattgefunden habe. In der Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage heißt es sogar explizit, dass alle zuständigen Behörden Kenntnis von der Stellungnahme des Klimabeirates haben. Trotzdem lautet die Standardantwort, „entsprechend dem Regierungsprogramm“ am Bau festhalten zu wollen.

Ohne die kritische Begleitung durch Umweltverbände würden die Versäumnisse der Planenden vermutlich unentdeckt bleiben. Der NABU fordert den Senat auf, seine Planungen zur A26 Ost endlich ernsthaft zu überdenken, eine Überprüfung der im Ampel-Koalitionsvertrag vereinbarten Fernstraßenausbauten zu unterstützen und die von ihm abgeforderte wissenschaftliche Expertise tatsächlich ernst zu nehmen.

Hintergrund:

Aus den Schriftlichen Kleinen Anfragen auf den Drucksachen 22/5512 und 22/6990* in der Hamburgischen Bürgerschaft lässt sich der Verlauf der Verzögerungen ablesen. Der Zeitplan verzögerte sich innerhalb eines Jahres um ein weiteres Jahr. Aus einer Kleinen Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion (BT Drs. 19/16734) an die alte Bundesregierung vom 23.01.2020 ergibt sich sogar noch ein deutlicheres Bild. Dort hieß es zum erwarteten Zeitpunkt der Planfeststellungsbeschlüsse:
– für den Abschnitt 6a voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2020,
– für den Abschnitt 6b voraussichtlich Ende 2021,
– für den Abschnitt 6c voraussichtlich Mitte 2022.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist jedoch nicht klar, ob der Planfeststellungsbeschluss den ersten Abschnitt (6a) überhaupt noch in diesem Jahr ergeht.

*Falls die Antwort noch nicht in der Parlamentsdokumentation hinterlegt ist, bitte Anfrage an: voss@nabu-hamburg.de

Die aktuellste Kostenschätzung (Januar 2021) für die A26 Ost beträgt 1,85 Milliarden Euro. Der Senat gesteht in seiner Antwort aber ein, dass Planungsänderungen und die allgemeine Kostensteigerung Auswirkungen auf die Gesamtkosten haben. Eine Kostenfortschreibung werde es erst auf Grundlage der Planfeststellung geben. Bei den rasant steigenden Baupreisen – auch im Straßenbau – ist die zwei Milliarden Marke wohl nur der nächste traurige Meilenstein.

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