Nach dem Digital Markets Act und dem Digital Services Act initiiert die Europäische Kommission mit dem European Media Freedom Act (EMFA) nun ein weiteres Regelwerk mit hoher Relevanz für die Medienbranche. Es verfolgt das Ziel, den Binnenmarkt zu verwirklichen und die Vielfalt und Unabhängigkeit der Medien in der EU zu gewährleisten. Der am vergangenen Freitag in Brüssel vorgestellte Verordnungs- und Empfehlungsentwurf soll für alle Medienangebote unter redaktioneller Verantwortung gelten. Dort finden sich vielschichtige Vorschriften zur Unabhängigkeit von Medienunternehmen und redaktioneller Entscheidungen, zur Zuteilung staatlicher Werbung, Anforderungen an die Aufsicht über öffentlich-rechtliche und private Medien, Transparenzregeln zu Medieneigentümerstrukturen und Medienmessung sowie zur Darstellung von Inhalten auf den großen Online-Plattformen.

Claus Grewenig, Vorstandsvorsitzender des VAUNET und Chief Corporate Affairs Officer bei RTL Deutschland, erklärte: „Der EMFA ist ein ambitionierter Balanceakt mit der guten Intention, die Vielfalt der Medien in Europa, ihre journalistische Unabhängigkeit und die Journalist:innen bei ihrer Arbeit zu schützen. In seiner Multifunktionalität bietet der vorgelegte Entwurf allerdings die Gefahr, eine weitere Schicht der Medienregulierung einzuführen – selbst für Märkte, auf denen es kein Vielfaltsdefizit gibt.“ Der VAUNET warnt daher vor einer Harmonisierung im Binnenmarkt zulasten funktionierender Systeme in den Mitgliedstaaten, auch im Bereich der Selbstregulierung. Zudem müsse das Prinzip der Staatsferne bei der Medienaufsicht nicht nur postuliert, sondern auch durchgehend im Verfahren abgebildet sein. Grewenig: „Die private Medienwirtschaft braucht verlässliche Rahmenbedingungen und eine klare Perspektive der Entwicklung, um wettbewerbsfähig zu sein.“

Der VAUNET weist darauf hin, dass beispielsweise staatliche Eingriffe in die internen Strukturen von Medienhäusern mit einer bereits umfangreich gewährleisteten Unabhängigkeit der Redaktionen nicht angezeigt sind. Insgesamt würde die Ausgestaltung des Zusammenspiels zwischen einem in der Verordnung vorgesehenen neuen Europäischen Board für Mediendienste und der EU-Kommission die Einflussmöglichkeiten auf die kulturell unterschiedlichen Medienlandschaften in Europa deutlich erweitern. Nur eine von staatlichen Institutionen unabhängige Regulierung und Aufsicht kann die Arbeit freier Medien garantieren. Dafür müssen die organisatorischen Rahmenbedingungen und auch der Aufgabenzuwachs zwischen dem Board und der Kommission sorgfältiger austariert werden.

Der VAUNET begrüßt, dass die EU-Kommission dem European Media Freedom Act das Verständnis zugrunde legt, dass unabhängige Medien nur existieren können, wenn sie sich refinanzieren können und auffindbar sind. Dazu passt es jedoch nicht, dass den sehr großen Plattformen nach wie vor weitreichende Befugnisse zustehen, mit journalistischer Sorgfalt erstellte Inhalte allein auf Grundlage ihrer AGB und ohne Konsultation der redaktionell Verantwortlichen zu entfernen. Die nun im Vergleich zum Digital Services Act vorgesehene Nennung von Gründen für eine geplante Löschung reicht nicht aus. Es bedarf darüber hinaus einer verfahrensrechtlichen Absicherung der Inhalteanbieter.

Im Sinne der Zielsetzung des EMFA wird es vor allem darauf ankommen, dass die vorgesehenen Rechte und Pflichten für Mediendiensteanbieter stärker ausbalanciert und die Zuständigkeiten innerhalb der europäischen Institutionen als auch im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten ausgewogen gestaltet werden.

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VAUNET ist der Spitzenverband der privaten audiovisuellen Medien in Deutschland. Zu den vielfältigen Geschäftsfeldern der rund 160 Mitglieder gehören TV-, Radio-, Web- und Streamingangebote.

Die Verbandsarbeit richtet sich an der konvergenten Entwicklung der Märkte für audiovisuelle Medien aus und gestaltet auf nationaler wie europäischer Ebene die Rahmenbedingungen aktiv mit. Der Wirtschaftsverband hat zum Ziel, Akzeptanz für die politischen und wirtschaftlichen Anliegen der audiovisuellen Medien zu schaffen sowie die große gesellschaftspolitische und kulturelle Bedeutung der Branche im digitalen Zeitalter ins Bewusstsein zu rücken.

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