Das Anmietungsgeschehen auf den deutschen Büromärkten bewegt sich weiterhin auf einem unterdurchschnittlichen Niveau, zeigt aber in einer zunehmenden Anzahl von Standorten Stabilisierungs- und erste Aufholtendenzen. Der Flächenumsatz an den acht Standorten Berlin, Düsseldorf, Essen, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig und München beläuft sich in den ersten neun Monaten des Jahres 2023 auf knapp 1,9 Mio. m². Damit wurde zwar der 10-Jahresdurchschnitt um rund 24 % verfehlt und das gute Vorjahresergebnis blieb in weiter Ferne, allerdings kann gegenüber dem Vorquartal ein leichtes Plus von 5 % vermeldet werden.

  • Flächenumsatz bei 1,88 Mio. m²; rund 30 % unter Vorjahresniveau und Langzeitdurchschnitt
  • Leerstand steigt gegenüber Q3 2022 um gut 13 % auf 5,8 Mio. m²
  • Leerstandsquote in Berlin, Hamburg, Köln und Leipzig weiterhin deutlich unter 5 %
  • Mietniveaus tendieren weiter nach oben; Spitzenmieten steigen in Q3 an fast allen Standorten

„Die deutschen Büromärkte müssen erwartungsgemäß weiter auf konjunkturellen Rückenwind warten. Die deutsche Wirtschaft hat in einem schwierigen Weltmarktumfeld noch nicht wieder Fahrt aufnehmen können, sondern sendete mit ihrem Nullwachstum in Q2 allenfalls Zeichen der Stabilisierung aus. Der harte Kurs der EZB im Kampf gegen die Inflation tat im Sommer ein Übriges, um die Stimmung in den deutschen Chefetagen zu drücken. Deutschlands wichtige Frühindikatoren von ifo und ZEW haben insbesondere den pessimistischen Blick nach vorn eindrucksvoll gespiegelt. Das Zurückstellen von Wachstums- und Investitionsentscheidungen blieb entsprechend auf der Tagesordnung, mit direkter Konsequenz für das Anmietungsgeschehen auf den Büromärkten, das weiterhin unterdurchschnittlich ausfällt. Bis Ende September notiert der Flächenumsatz bei knapp 1,9 Mio. m², sodass sowohl das Vorjahresergebnis wie auch der Langzeitdurchschnitt um knapp ein Drittel verfehlt wurden. Allerdings scheint der seit Q2 2022 registrierte Abwärtstrend gestoppt. Von Quartal zu Quartal ist der Umsatz in Q3 jüngst um 5 % gestiegen“, erläutert Marcus Zorn, CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland. 

„Die Büromärkte sind in der Breite sicherlich noch ein erhebliches Stück vom gefühlten Normalzustand entfernt, allerdings registrierten wir im dritten Quartal eine merklich gestiegene Anzahl großvolumiger Verträge an vielen Standorten. Im ersten Halbjahr waren es genau diese Abschlüsse mit Signalwirkung, die bundesweit rar gesät waren und maßgeblich für die schwachen Flächenumsätze verantwortlich zeichneten, denn im kleineren und mittleren Flächensegment präsentieren sich die Märkte ja ohnehin vergleichsweise belebt. Die großflächigen Abschlüsse machen nun in verschiedenen Büromärkten den Unterschied und bestätigen, dass große Bürostandorte für eine sehr große Zahl an Mitarbeitenden weiterhin eine zentrale Rolle in der strategischen Planung und Ausrichtung von Unternehmen spielen – sei es der öffentlichen Hand oder der Privatwirtschaft, “führt Marcus Zorn aus. 

Berlin mit großem Abstand auf Rang 1, München kann sich knapp vor Hamburg behaupten

Mit einem Flächenumsatz von 426.000 m² verfehlt Berlin zwar deutlich das gute Vorjahresresultat, und der 10-Jahresdurchschnitt wird um rund ein Viertel unterschritten, allerdings rangiert die Bundeshauptstadt mit diesem Ergebnis auf No. 1 im bundesweiten Vergleich. Das dritte Quartal 2023 war dann auch das umsatzstärkste in Berlin seit Q3 2022, was wenig überrascht angesichts der Tatsache, dass im abgelaufenen Q3 so viele Abschlüsse jenseits der 5.000 m² registriert wurden, wie im gesamten ersten Halbjahr 2023. München reiht sich mit einigem Abstand und einem Flächenumsatz von 324.000 m² zu Ende September (-37 % unter 10-Jahresdurchschnitt) auf Rang 2 ein. Die bayerische Landeshauptstadt muss mit 87.000 m² in Q3 dann auch das schwächste Quartalsergebnis der vergangenen 20 Jahre notieren, was in erster Linie dem Fehlen von Großverträgen geschuldet ist. Im laufenden Jahr wurde in München bislang nur ein Vertrag mit knapp über 10.000 m² geschlossen und nur drei weitere mit etwas über 5.000 m² – keiner davon im dritten Quartal. Hamburg ist mit München nahezu gleichauf und registriert bis dato einen Flächenumsatz von 321.000 m². Die Hansestadt ist unter den Top-5-Standorten der Markt, der im Langzeitvergleich am besten abschneidet und sich vergleichsweise resilient präsentiert. Zwar hat das Anmietungsgeschehen in Q3 an Tempo verloren, allerdings wird der 10-Jahresdurchschnitt bis Ende September nur um gut 14 % verfehlt. Mit einer sehr stabilen Vermietungsleistung über das Jahr hinweg positioniert sich Frankfurt mit 285.000 m² (259.000 m² im gif-Marktgebiet) auf dem vierten Platz. Der 10-Jahresdurchschnitt wird damit um rund 19 % unterschritten. Deutlich volatiler fällt das Anmietungsgeschehen in Düsseldorf aus. Nach einem sehr verhaltenen ersten Halbjahr ist der Quartalsumsatz nun auf 93.000 m² gestiegen, nicht zuletzt getragen vom 27.000-m²-Abschluss der ÖRAG Rechtsschutzversicherung. Dennoch bleibt bei einem Flächenumsatz von 188.000 m² bis Ende September der Langzeitschnitt um knapp ein Drittel verfehlt. Mit 150.000 m² Vermietungsleistung fällt die Zwischenbilanz in Köln weiterhin enttäuschend aus (-30 % unter dem 10-Jahresdurchschnitt), wobei in Q3 (55.000 m²) eine deutliche Umsatzsteigerung auch ohne größere Vertragsabschlüsse gelungen ist. Leipzig und Essen präsentieren sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum äußerst stabil, verzeichnen aber ein etwas schwächeres drittes Quartal. Leipzig und Essen sind unter den Top-Standorten die einzigen Märkte, die Ende September einen Flächenumsatz leicht über dem 10-Jahresdurchschnitt vermelden können. In Leipzig wurde bis dato ein Flächenumsatz von 98.000 m² und in Essen von 88.000 m² registriert.

Leerstandsanstieg verliert an Tempo

Der Leerstandsanstieg hat im dritten Quartal insgesamt an Tempo verloren, dennoch beläuft sich das Leerstandsvolumen in den großen Büromärkten Ende September auf insgesamt 5,8 Mio. m², was im Vorjahresvergleich einem Plus von rund 13 % entspricht. Die Dynamik des Anstiegs variiert jedoch weiterhin zwischen den Märkten erheblich. Während in Düsseldorf und Essen die Zahlen zumindest für den Moment erstmals wieder nach unten tendieren, deutet sich für Berlin, Hamburg und Leipzig eine Stabilisierung an. In Köln, Frankfurt und allen voran München ist in den Sommermonaten der Leerstand noch einmal recht umfangreich gestiegen. Die niedrigste Leerstandsquote im Marktgebiet wird aktuell für Hamburg notiert (3,9 %), und auch in Berlin (4,0 %), Leipzig (4,2 %) und Köln (4,3 %) verharrt die Leerstandsquote deutlich unter 5 %. Für das Münchener Marktgebiet wird hingegen mittlerweile eine Leerstandsquote von 5,7 % ausgewiesen. Mit einigem Abstand folgen Essen (7,2 %), Frankfurt (9,2 %) und Düsseldorf (9,7 %). Allen Bürohochburgen ist gemein, dass die Leerstandsquote ungeachtet der aktuellen Schwächephase im jeweiligen Marktgebiet wesentlich unter den Hochwerten früherer Jahre notiert und in den Top-Lagen ein klarer Mangel an kurzfristig verfügbaren Premiumflächen vorherrscht.

In den von BNP Paribas Real Estate analysierten acht Standorten befinden sich aktuell rund 3,6 Mio. m² Bürofläche im Bau. Dies entspricht gegenüber Q3 2022 einem Rückgang von knapp 15 %. Die Vorvermietungsquote ist moderat auf immer noch hohe 45 % im bundesweiten Durchschnitt gesunken.

Mietniveaus tendieren weiter nach oben; Spitzenmieten steigen in Q3 an fast allen Standorten

Die Spitzenmiete ist in allen Top-Büromärkten seit September 2022 gestiegen und hat mit Ausnahme von Berlin und Leipzig, wo sie sich im dritten Quartal auf hohem Niveau stabil präsentiert, jüngst ihren Aufwärtstrend fortgesetzt. In Düsseldorf, wo die Angebotssituation bei Premiumflächen im CBD besonders angespannt ist, stieg die Spitzenmiete im Jahresverlauf um 33 % auf jetzt 40,00 €/m². In Köln fällt das Mietpreiswachstum in der Spitze mit 20 % auf 33,00 €/m² ebenfalls stark überdurchschnittlich aus.  Ungleich niedriger (+2 %) notiert der Mietpreisanstieg in Frankfurt, doch mit 49,00 €/m² ist die Spitzenmiete in der Finanzmetropole einmal mehr die Höchste Deutschlands. München rangiert auf dem zweiten Platz mit 48,00 €/m² (+7 % ggü. Vorjahr) vor Berlin (45,00 €/m²; +5 %) und Hamburg (36,00 €/m²; +3%). In Leipzig notiert die Spitzenmiete seit Q4 2022 stabil bei 18,50 €/m² (+3 %) und in Essen ging es jüngst um 0,50 €/m² erstmals hoch auf 18,00 €/m² (+7 %).

Mit Ausnahme von Hamburg und Frankfurt, wo die Durchschnittsmiete minimal um rund -1 % bzw. -2 % gegenüber September 2022 gesunken ist, notiert die Durchschnittsmiete in den großen deutschen Bürostandorten weiterhin über Vorjahresniveau. Ein einheitlicher Trend ist bei der traditionell volatileren Durchschnittsmiete in der jüngsten Quartalsanalyse nicht auszumachen. Die Durchschnittsmieten notieren aber über alle Standorte weg weiterhin auf einem sehr hohen Niveau zwischen 28,90 €/m² in Berlin und 12,00 €/m² in Leipzig. Jenseits der 20-€-Marke notieren die Durchschnittsmieten in München (24,20 €/m²), Frankfurt (22,80 €/m²), Hamburg (21,50 €/m²) und Düsseldorf (20,30 €/m²).

Perspektiven

Das Fahrwasser, in dem sich die bundesweiten Büromärkte bewegen, bleibt bis auf Weiteres unruhig. Die nach der Pandemie nur schleppend in Tritt gekommene Weltwirtschaft verliert in Reaktion auf den harten Kurs, den die führenden Zentralbanken im Kampf gegen die Inflation fahren, vorerst weiter an Tempo. Prognosen internationaler Organisationen wie der OECD legen den Schluss nah, dass sich eine wesentlich höhere Wirtschaftsleistung erst im Jahresverlauf 2024 entfalten dürfte. Die deutsche Wirtschaft kann sich dieser Entwicklung nicht entziehen und die aktuelle Gemeinschaftsdiagnose führender deutscher Wirtschaftsinstitute prognostiziert für 2023 einen Rückgang des BIP um 0,6 %, für 2024 jedoch einen Anstieg des BIP um 1,3 %.

Allerdings mehren sich die Zeichen, die auf erste Erholungstendenzen in den kommenden Monaten hoffen lassen. So fiel der Blick in die Zukunft laut ifo, GfK und ZEW im September etwas weniger pessimistisch aus und auch die jüngste Entwicklung der Inflationsraten in Deutschland gibt Anlass zur Hoffnung. Der harmonisierte Verbraucherpreisindex, den die EZB als zentralen Indikator zur Beurteilung der Preisstabilität nutzt, ist in Deutschland zuletzt auf 4,3 % gesunken. Auch die Kerninflation ist im September deutlich rückläufig. Die Gemeinschaftsdiagnose der Institute hält es dann auch für wahrscheinlich, dass bereits zum Jahresende 2023 der wirtschaftliche Abschwung in Deutschland abklingen wird.

„Die typische Jahresendrallye wird es wahrscheinlich angesichts der weiterhin herausfordernden Rahmenbedingungen nicht geben. Dennoch erwarten wir zum Jahresende einen wesentlichen Anstieg des Flächenumsatzes, denn neben dem insgesamt recht robusten und belebten Anmietungsgeschehen im mittleren Flächensegment befinden sich an den verschiedenen Standorten großvolumige Mietvertrags-verhandlungen auf der Zielgeraden, die mit großer Wahrscheinlichkeit noch 2023 zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden sollten. Sie können zum Jahresende dem Markt entscheidend Auftrieb geben“, so Marcus Zorn.

„Die Flächenumsätze werden zum Jahresende 2023 mit großer Wahrscheinlichkeit trotz einer Belebung im Schlussquartal unterdurchschnittlich ausfallen. Dennoch blicken wir verhalten optimistisch nach vorn, denn im Windschatten der konjunkturellen Belebung wird sich die Nachfrage auf den großen deutschen Büromärkten wieder spürbar beleben. Wir erwarten, dass bisher zurückgestellte Investitionen in den kommenden Monaten verstärkt angegangen und in Konsequenz zu steigenden Flächenumsätzen führen werden. Bei den Spitzenmieten dürften wir kurzfristig weitere Sprünge nach oben sehen, denn die Nachfrage nach absoluten Premiumflächen in den Top-Lagen ist ungebrochen“, fasst Marcus Zorn die Aussichten zusammen.

Erwartungsgemäß noch kein konjunktureller Rückenwind für deutsche Büromärkte | BNP Paribas Real Estate

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