Monatelang wurde um die Besetzung der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, landläufig als "Kohlekommission" bekannt, gerungen. Im Juni hat sie die Arbeit aufgenommen. Bis zum Jahresende soll sie einen Ausstiegspfad aus der Kohleverstromung und zugleich Perspektiven für die Begleitung des Strukturwandels in der Lausitz sowie dem Mitteldeutschen und dem Rheinischen Revier erarbeiten. Der Auftrag der Bundesregierung sieht auch vor, Vorschläge zu machen, wie die Klimaschutzziele 2020 und 2030 (weitgehend) erreicht werden können. Sowohl Arbeitsauftrag als auch Zeitplan sind damit sehr ambitioniert.

Regionale Initiativen berücksichtigen

Klar ist: Die Kohleregionen brauchen finanzielle, infrastrukturelle und regulatorische Unterstützung, um den mit einem Kohleausstieg verbundenen Strukturwandel zu bewältigen. Schon heute wird in dieser Hinsicht vor Ort sehr viel getan. Beispiele hierfür sind die Innovationsregion Lausitz und die Innovationsregion Rheinisches Revier. Der DIHK macht sich deshalb dafür stark, solche Initiativen in der Arbeit der Kommission zu berücksichtigen. Die Akteure vor Ort kennen die Herausforderungen, aber auch die Anknüpfungspunkte für eine erfolgversprechende Strukturentwicklung am besten. Ein von der Kommission verordneter Strukturwandel „auf der grünen Wiese“ würde es hingegen schwer haben, regional Früchte zu tragen.

Strukturbrüche vermeidbar

Strukturwandel braucht Zeit. Langfristig tragfähige Strategien lassen sich leichter entwickeln, wenn sich der Zeithorizont nicht nur bis 2035, sondern bis 2045 erstreckt. Grundsätzlich wäre es auch nicht zwingend notwendig, ein Enddatum für die Braunkohle festzulegen. Denn Mitte der 2040er-Jahre läuft die Genehmigung für den letzten Tagebau aus. Damit steht ein Enddatum de facto bereits fest. Abbau und Verstromung der Braunkohle werden ohnehin bis dahin Schritt für Schritt heruntergefahren – die CO2-Emissionen sinken. Auch der europäische Emissionshandel, dem alle Kraftwerke unterliegen, und der Ausbaupfad für erneuerbare Energien werden die Kohle nach und nach aus dem Markt drängen.

Strompreise, Versorgungssicherheit und Klimaschutz gleich gewichten

In der Diskussion um den Kohleausstieg müssen Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Strompreise gleichermaßen Berücksichtigung finden. Denn ein schneller Kohleausstieg führt zu steigenden Preisen. Am Standort Deutschland haben Unternehmen aber schon jetzt die europaweit höchsten Strompreise zu schultern. Weitere Risiken sind bereits vorprogrammiert: Noch bestehende Überkapazitäten bei der Stromversorgung werden im Zuge des Atomausstiegs bis 2023 fast vollständig abgebaut. Ein zu schneller Ausstieg aus der Kohle wäre daher unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit ein zusätzlicher Risikoposten.

Wertschöpfungsketten in Deutschland halten

Ein übereilter Kohleausstieg hätte weitaus umfangreichere Auswirkungen, als auf den ersten Blick ersichtlich: Die Wirtschaft in Deutschland steht bis heute auf einer starken industriellen Basis. Ihr Vorteil liegt in der engen Zusammenarbeit von Unternehmen aller Größen und Branchen, die es ermöglicht, industrielle Wertschöpfung und damit Arbeitsplätze vor Ort zu halten. Am Anfang dieser Wertschöpfungsketten stehen die energieintensiven Grundstoffindustrien, die ganz besonders auf international wettbewerbsfähige Strompreise und eine sichere Strom- und Wärmeversorgung angewiesen sind. Ein Wegbrechen der Grundstoffindustrien hätte weitreichende wirtschaftliche Folgen – gerade auch in den Kohlerevieren, in denen sie aufgrund der traditionell hohen Verfügbarkeit von Energie bislang stark vertreten sind.[1]

[1] vgl. „Die Bedeutung der Wertschöpfungsfaktors Energie in den Regionen Aachen, Köln und Mittlerer Niederrhein“, Kurzstudie im Auftrag der IHKs Aachen, Köln und Mittlerer Niederrhein, Mai 2018.

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