Das digitale Festival „Latitude“ präsentiert vom 4. bis 6. Juni Debatten und künstlerische Beiträge rund um die Frage, wie koloniale Strukturen in der Gegenwart wirken und wie diese überwunden werden können. Internationale Gäste wie die Digitalstrategin Nanjira Sambuli, die Performerin Trixie Munyama, der Historiker Ciraj Rassool und der Migrationsforscher Mark Terkessidis befassen sich damit auf Einladung des Goethe-Instituts drei Tage lang im Netz. Neben Diskussionen, Performances und Konzerten können sich Besucher*innen an Chatdebatten beteiligen, ein dekolonisierendes Workout machen oder mit einer Food-Bloggerin aus Lagos kochen.

Das Festival gliedert sich in vier Themenkomplexe, die Kontinuitäten kolonialer Strukturen verhandeln: Wirtschaftliche Ungleichheit; Umgang mit Kulturgut; Rassismus, Identität und Erinnerung; sowie globale digitale Gleichheit. Ein Großteil der Veranstaltungen wird als öffentlicher Livestream angeboten, Festivalsprache ist vorrangig Englisch (teilweise werden deutsche Übersetzungen angeboten).

Eröffnet wird das Festival – nach einer Video-Begrüßung der Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik Michelle Müntefering und des Generalsekretärs des Goethe-Instituts Johannes Ebert – mit einem Gespräch zwischen der kenianischen Politikanalystin und Digitalstrategin Nanjira Sambuli, der indisch-deutschen Politologin Nikita Dhawan und dem senegalesisch-US-amerikanischen Philosophen Souleymane Bachir Diagne zur Kolonialität des Denkens, der Infrastrukturen und institutionellen Ordnungen in unseren Gesellschaften (Do, 04.06.2020, 11:30 Uhr).

Der digitale Wandel verschärft soziale und ökonomische Ungleichheit, da vor allem besser gestellte Weltregionen und Menschen von ihm profitieren. Die bestehenden Ungleichheiten scheinen durch die Corona-Krise noch deutlicher geworden zu sein. Nanjira Sambuli diskutiert mit Internetexpertinnen darüber, wie deren Visionen vom Internet der Zukunft aussehen (Do, 04.06.2020, 15:30 Uhr, Das Internet neu denken: Wege zur digitalen Gleichstellung).

Der Umgang mit geraubtem Kulturgut ist nicht zuletzt seit dem Erscheinen des Restitutionsberichts von Bénédicte Savoy und Felwine Sarr ein viel und kontrovers diskutiertes Thema. Das Panel mit den Jurist*innen Leora Bilsky aus Tel Aviv und John Nakuta aus Windhoek sowie anderen Expert*innen nimmt dies zum Anlass, um die Möglichkeiten und Grenzen von Restitution als „transitional justice" auszuloten (Fr, 05.06.2020, 12:30 Uhr, Voneinander lernen: Restitution als ethische und juristische Herausforderung).

Die Debatte um den Status von Museen und ihre gesellschaftliche Relevanz stellt viele Häuser immer wieder vor die Frage, wie sie ihre künftige Rolle sehen. In einem Panel reflektieren Tonya Nelson (Juristin und Kunsthistorikerin, London), Léontine Meijer-van Mensch (Museumsdirektorin, Leipzig), Ciraj Rassool (Historiker, Kapstadt) und andere über gegenwärtige museale Praxen, welchen Herausforderungen sie sich stellen müssen und welche Chancen sie für neue Museumsmodelle wahrnehmen (Fr, 05.06.2020, 15:30 Uhr, Wie Museen in die Zukunft gehen).

Welche Rolle spielt die Kolonialzeit im Geschichtsbewusstsein und der Erinnerungskultur in Namibia, Deutschland oder Indien? Die Frage nach dem Umgang mit der eigenen kolonialen Vergangenheit und dem Rassismus der Gegenwart stellt sich an verschiedenen Orten unterschiedlich. Wer an öffentlichen Diskursen beteiligt wird, wer von Diskriminierung betroffen ist und wie sich Identität durch Identifikation ausbildet, diskutieren die indische Autorin und Verlegerin Urvashi Butalia, Nelago Shilongoh, Theatermacherin und Schauspielerin aus Windhoek und der Berliner Migrationsforscher Mark Terkessidis, moderiert von René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur) (Sa, 06.06.2020, 16:00 Uhr, Verdrängtes Erinnern: Identitäts- und Erinnerungspolitik auf dem Prüfstand).

Die Tänzerin und Choreografin Trixie Munyama aus Namibia verarbeitet mit ihrer Choreografie „The Mourning Citizen“ die Schrecken der deutschen Kolonialvergangenheit und hinterfragt die Hintergründe des Genozids an Herero und Nama, dessen Folgen sich bis in unsere Gegenwart ziehen. In einer Video-Performance übertragen sie und ihre Mitwirkenden das immersive Stück erstmals in den virtuellen Raum (Fr, 05.06.2020, 18:00 Uhr, The Mourning Citizen).

Die Choreografin Joana Tischkau lädt zu „Colonastics“ ein: Ausgehend von der Idee, dass wir mit Fitnesstechniken aus unserem gegenwärtigen Leben in Quarantäne als stärkere, fittere und bessere Version unserer selbst wieder auftauchen können, entwickelt sie ein Workout, das Körper, Geist und Seele dekolonisiert und ein kritisches Licht auf die Praktiken der Fitnessindustrie wirft (Do, 04.06. um 14:25 Uhr, Fr, 05.06. um 14:15 Uhr und Sa, 06.06.2020 um 14:25 Uhr, Colonastics, anschließend Interview mit Joana Tischkau).

Zum Küchengespräch lädt Ozoz Sokoh aus Lagos ein: Sie spürt den Verbindungen zwischen Esskulturen verschiedener Länder nach. Auf dem Latitude-Festival bereitet sie frittierte Bohnenbällchen auf nigerianische (Akara) und brasilianische Art (Acarajé) zu. Und sie eröffnet Perspektiven auf (inter-)kulturelle Praktiken: Welche Einflüsse haben diese Speisen geformt? Was erzählen sie über (de)koloniale Strukturen? Die Rezepte gibt es vorab zum Mitkochen (Fr, 05.06.2020, 14:00 Uhr, Travelling Kitchen).

Diese und alle anderen Veranstaltungen werden ab sofort angekündigt unter: www.goethe.de/latitude-festival. Die Website wird während des Veranstaltungszeitraums dem Festival als Plattform dienen. Ebenfalls finden sich dort Informationen zum Rahmenprogramm:

Das Radioprogramm „Latitude on Air: Unsettling Power Relations“ geht aus einem Studio im Herzen Berlins auf Sendung, kuratiert vom Goethe-Institut und dem freien Künstler*innenradio reboot.fm sowie dem Radio Netzwerk Berlin. Die Themenschwerpunkte des Festivals „Latitude“ ergänzen die tägliche „Morning Show“, aber auch Audio-Performances, experimentelle Radiofeature, Interviews mit Gästen aus aller Welt sowie Übertragungen des Festivalprogramms.

In Kooperation mit dem Arsenal – Institut für Film und Videokunst e. V. wird über die Plattform Arsenal 3 ein Filmprogramm mit Arbeiten von Künstler*innen gezeigt, in denen Erinnerungserfahrungen im Fokus stehen. Grenzüberschreitung und Wiedergutmachung werden ebenso ergründet wie Routinen und Kreisläufe – und der drastische Wunsch nach Veränderung. Mit Filmen von Thirza Cuthand, Christa Joo Hyun D’Angelo, Trinh T Minh-ha, Lemohang Jeremiah Moses, Ng’endo Mukii, Wendelien van Oldenborgh und Jessica Lauren Elizabeth Taylor.

Das Online-Magazin „Latitude“ (www.goethe.de/latitude) publiziert langfristig Debatten und Beiträge zum Thema Dekolonisierung und postkoloniale Machtverhältnisse von internationalen Expert*innen.

Um eine weite Strahlkraft zu erzielen, ist Deutschlandfunk Kultur Medienpartner und trägt mit zwei prominent platzierten Sendungen zum Festival bei: mit einer zweistündigen Call-in-Sendung zum Thema „Dekolonisiert euch!“ (Sa, 06.06.2020, 9:05 Uhr) und einer Diskussion zur „Digitalen Teilhabe“ (Fr, 05.06.2020, 18:05 Uhr).

Das vollständige Festivalprogramm ist online: www.goethe.de/latitude-festival

Wir bitten um Anmeldung unter: presse@pr-netzwerk.net

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