Laut Bundesministerin Klöckner gibt es kein Recht auf Billigfleisch. Bioland und Demeter nehmen die Ministerin beim Wort und fordern einen Gesetzesrahmen für eine faire Preispolitik, damit faire Löhne, nachhaltige Landwirtschaft und Tierwohl auf dem Markt eine Chance haben.

Ministerin Klöckner sagte gegenüber der FAZ am Sonntag, sie lasse gerade juristisch prüfen, inwieweit es möglich sei, der Werbung mit Lockangeboten beim Fleisch Einhalt zu gebieten. Dafür haben Bioland und Demeter einen Lösungsvorschlag: Die EU-Richtlinie über unlautere Handelspraktiken muss bis zum 1. Mai 2021 im deutschen Recht umgesetzt sein – das Bundeslandwirtschaftsministerium hat es jetzt in der Hand, einen ambitionierten Gesetzesvorschlag zu machen, der die EU-Vorgaben nicht nur halbherzig umsetzt, sondern um das Verbot weiterer unlauterer Handelspraktiken ergänzt.

„Der Wettbewerb am Markt wird heute auf Kosten der Erzeuger geführt – Lebensmittel werden verramscht, die Existenz von bäuerlichen Betrieben wird aufs Spiel gesetzt. Prekäre Verhältnisse für Angestellte und Leiharbeiter in der Verarbeitungskette, mangelhafter Tier-, Umwelt- und Klimaschutz werden in Kauf genommen,“ kritisiert Alexander Gerber, Demeter-Vorstand. Bisher plant Klöckner nur eine Umsetzung der Minimalanforderungen der EU-Richtlinie zum Verbot unfairer Handelspraktiken, obwohl diese explizit vorsieht, dass die Mitgliedstaaten strengere Regeln setzen können. „Jetzt ist die Bundesregierung gefragt, diesen Praktiken gesetzlich einen Riegel vorzuschieben. Eine laxe Umsetzung der EU-Richtlinie und Freiwilligkeit für weitergehende Schritte reicht nicht aus, weil dann preislich diejenigen Handelshäuser das Nachsehen hätten, die sich zu mehr Fairness verpflichten. Es müssen gleiche Wettbewerbsbedingungen gelten, die auf einer soliden gesetzlichen Basis für eine Preispolitik stehen, die die tatsächlichen Erzeugungskosten einpreist.“

Da Preis- und Kostentransparenz zentral für eine funktionierende Lebensmittelversorgungskette sind, fordern die Verbände eine unabhängige Preisbeobachtungsstelle. Diese soll zudem Richtwerte für kostendeckende Mindestpreise ermitteln. „Es reicht nicht, nur wertschätzend von systemrelevanten Berufen zu reden. Die Wertschätzung muss sich in einer kostendeckenden Preisgestaltung und damit fairen Einkommen in der gesamten Wertschöpfungskette widerspiegeln, vom Landwirt über die Verarbeiterin bis zur Verkäuferin im Handel", fordert Jan Plagge, Bioland Präsident. „Bäuerliche Erzeugerinnen und Erzeuger, auch im Biobereich, zahlen oft drauf, wenn Lebensmittel wie Fleisch oder Milch zu Dumpingpreisen verkauft werden. Eine unabhängige Ombudsstelle kann hier Abhilfe schaffen und Produzenten wie auch Arbeitnehmern endlich ein Instrument an die Hand geben, ihre Rechte einzufordern und Beschwerden einzureichen.“

Billigfleisch und Tierwohl passen nicht zusammen

Neben fairer Preispolitik sehen Demeter und Bioland dringenden Handlungsbedarf bei nationalen Maßnahmen für mehr Tierwohl. Auch hier nehmen die Verbände Klöckners Aussage „Es gibt kein Recht auf täglich Billigfleisch“ beim Wort. Der Einsatz der Borchert-Kommission sei zwar ein guter erster Schritt gewesen, inhaltlich seien die Borchert-Vorschläge jedoch noch nachzubessern. Die Verbände fordern von Klöckner, die Tierhaltung so umzubauen, dass Klima und Umwelt geschützt werden und das Wohlbefinden der Tiere gesichert ist. Im Speziellen bedeute dies höhere gesetzliche Anforderungen bei allen Nutztieren sowie deren Kontrolle und eine verpflichtende Fleischkennzeichnung analog der erfolgreichen Eierkennzeichnung. Über die Einführung einer Tierwohl-Abgabe muss eine Finanzierung besonders artgerechter Ställe und entsprechender Haltungsverfahren sichergestellt werden. Im FAZ-Interview sagte Klöckner, der Verbraucher müsse erkennen können, „wo mehr Tierwohl drin steckt“. „Wenn sie das ernst meint, dann muss Frau Klöckner ihre Labelpläne jetzt massiv anpassen und eine vollständige und verpflichtende Fleischkennzeichnung angehen“, ergänzt Plagge. „Die höchste Stufe der Kennzeichnung muss ökologisch produziertem Fleisch vorbehalten sein.“

Dass Bundesministerin Klöckner sich inzwischen eine Tierwohlabgabe zur Finanzierung des Umbaus in der Tierhaltung vorstellen kann, begrüßen die Verbände.

Mehr Informationen:

Ein breites Bündnis von 49 Organisationen aus dem Umwelt-, Entwicklungs-, Landwirtschafts- und Lebensmittelbereich, darunter Bioland und Demeter, fordern mehr Fairness im Lebensmittelhandel. Der angekündigte Gesetzentwurf muss die Einkommenssituation von Erzeugerinnen und Erzeugern und den Lebensstandard der ländlichen Bevölkerung verbessern – in Deutschland, der EU und weltweit. Das Positionspapier „Für mehr Fairness im Lebensmittelhandel“ finden Sie unter: www.bund.net/fairness-lebensmittelhandel

Eine Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland wünscht sich mehr Fairness im Lebensmittelhandel. Laut ARD-DeutschlandTrend vom 6. Februar 2020 befürworten 73 Prozent der Bürgerinnen und Bürger ein Verbot des Verkaufs von Lebensmitteln unterhalb der Herstellerkosten, das heißt sie befürworten ein Verbot von Dumpingangeboten.

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