Die Vereine Handicap International e.V., Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB), Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm), Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e. V. – CBP, Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. und Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. kritisieren die neuen Regelungen der Bundesregierung für den Leistungszugang geflüchteter Menschen aus der Ukraine und befürchten, dass der Zugang zu Leistungen für Geflüchtete mit Behinderung aus der Ukraine künftig schwierig bleibt. Menschen mit Behinderung wurden in dem neuen Gesetz an entscheidender Stelle vergessen. Damit wurde die Chance verpasst, Bedarfe geflüchteter Menschen mit Behinderung angemessen zu berücksichtigen.

In Folge des Kriegs in der Ukraine erreichten zwischen Ende Februar und 11. Mai 2022 rund 727.200 Personen aus der Ukraine Deutschland. Unter ihnen befinden sich zahlreiche Menschen mit Behinderung. Sie sind den Belastungen der Flucht in besonderer Weise ausgesetzt. Ab 1. Juni 2022 erhalten geflüchtete Menschen aus der Ukraine Zugang zu Leistungen wie in den Gesetzen SGB II und SGB XII geregelt. Der Zugang zur Eingliederungshilfe nach SGB IX bleibt hingegen unklar. Doch gerade die vielen wichtigen Teilhabeleistungen nach dem SGB IX sind für Menschen mit Behinderung von hoher Bedeutung.

Künftig kommt §100 Absatz 1 SGB IX zum Tragen. Dort heißt es: „Ausländer, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, können Leistungen nach diesem Teil erhalten, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist.“ Geflüchtete Menschen mit Behinderung aus der Ukraine erhalten Leistungen der Eingliederungshilfe so nur über eine Ermessensentscheidung. Zwar existiert ein theoretischer Rechtsanspruch auf Leistungen, ein Informationsschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 29.04.22 stellt das klar. In der Praxis ist aber mit langen Wartezeiten und großem Verwaltungsaufwand zu rechnen. Es muss davon ausgegangen werden, dass viele Anträge auf Eingliederungshilfe für geflüchtete Menschen auch abgelehnt werden und so wichtige Leistungen versagt bleiben oder erstritten werden müssen.

Gemeinsam fordern deshalb Handicap International e.V., Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB), Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm), Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e. V. – CBP, Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. und Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V:

  • eine verbindliche Klarstellung des Leistungsanspruchs für geflüchtete Menschen aus der Ukraine zu Leistungen der Eingliederungshilfe und
  • die Aufhebung von § 100 Absatz 2 SGB IX. Der Paragraph schließt geflüchtete Menschen von Leistungen der Eingliederungshilfe größtenteils aus. Mit seiner Streichung können Ausschlüsse über die Gruppe der Menschen aus der Ukraine hinaus beendet werden (vgl. Gemeinsames Schreiben der Fachverbände vom 05.04.2022).

Unterzeichnende Vereine:
Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB)
Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm)
Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V.
Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e. V. – CBP
Handicap International e.V.
Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V.

Über den Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1958 steht die Lebenshilfe für Teilhabe statt Ausgrenzung, für Offenheit und Vielfalt. Als Selbsthilfevereinigung, Eltern- und Fachverband unterstützt sie Menschen mit verschiedenen Behinderungen und ihre Familien. Vor allem setzt sich die Lebenshilfe für Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung ein. Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung sind der Lebenshilfe besonders wichtig. In fast 500 Orts- und Kreisvereinigungen sowie 16 Landesverbänden sind rund 120.000 Mitglieder aktiv. Bundesvereinigung und Landesverbände vertreten überregional die Interessen von Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen. Mehr Informationen im Internet auf: www.lebenshilfe.de

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