Der Berufsverband der Augenärzte Deutschland fordert wie zuvor bereits der Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte ein sofortiges Moratorium bei der Einführung der Telematik-Infrastruktur (TI).

Seit Jahren prägen Pleiten und Pannen die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens. Nun verordnet die Gematik, die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte, ab September 2022 einen umfangreichen Austausch der Hardware, um die „Kontinuität des Betriebs“ zu sichern. Langfristig setzt sie allerdings auf die TI 2.0, eine Software-basierte Netzwerklösung, die ohne Hardware auskommt. Warum, fragen nicht nur Augenärzte, sollen sie nun neue, teure Hardware kaufen, die schon bald nur noch teurer Elektroschrott sein werden?

Dr. Peter Heinz: „Praxen nicht als Versuchsobjekte missbrauchen.“

Dr. Peter Heinz, der erste Vorsitzende des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands, macht einen konstruktiven Gegenvorschlag: „Statt, wie bereits seit Jahren geschehen, tausende Praxen als Versuchsobjekte für unzureichende IT-Anwendungen zu missbrauchen, sollten Gematik und Konnektorhersteller fiktive Praxen als Testlabore einrichten und sich erst wieder melden, wenn sich die Hard- und Software dort als praxistauglich erwiesen hat.“

Enormer Aufwand statt mehr Effizienz

Die TI soll alle Partner im Gesundheitssystem miteinander vernetzen: Ärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser, Apotheken, Krankenkassen usw. Die Einführung verläuft schleppend. Schon bisher haben Ärztinnen und Ärzte mitsamt ihren Praxisteams die aufgezwungene Einführung der TI als extrem belastend wahrgenommen: Finanziell zahlten sie drauf, weil die mit den Krankenkassen vereinbarten Finanzierungsbeiträge nicht ausreichten. Organisatorisch erwiesen sich Hard- und Software als fehleranfällig und enorm aufwändig. Statt einer höheren Effizienz dank Digitalisierung bringen sie immer wieder Abstürze der Praxis-IT und Störungen der Abläufe – das ist für alle Beteiligten mehr als nervenaufreibend.

Akzeptanz geht vollends verloren

Nun hat die Gematik einen Austausch der TI-Konnektoren angekündigt. Diese Geräte verbinden wie ein Router die Arztpraxen mit der Telematik-Infrastruktur. In ihnen sind Sicherheitsmodul-Karten verbaut, die eine Laufzeit von maximal fünf Jahren erlauben. 130.000 Geräte sollen bundesweit ersetzt werden, zusätzlich die Modulkarten der Kartenterminals. Auch der Praxisausweis und der elektronische Heilberufsausweis müssen neu bestellt werden. Die Akzeptanz auf Seiten der Ärzte wird durch dieses Vorgehen vollends verloren gehen. Schon jetzt laufen mehrere Musterklagen gegen den Zwang zum Anschluss der Praxen an die TI.

Der BVA schließt sich der Forderung des HNO-Berufsverbands nach einer Lösung an, die einen klaren Mehrwert bietet, leicht zu bedienen ist und deren Finanzierung vollumfänglich von den Krankenkassen übernommen wird.

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