Der Bundesgerichtshof hat die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen für Geschädigte im Mercedes-Abgasskandal deutlich erleichtert. Der BGH stellte mit Beschluss vom 28. Januar 2020 fest, dass es ausreiche, wenn der Kläger ausreichende Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung liefere (Az.: VIII ZR 57/19). Eine genaue Kenntnis über die Funktionsweise der Abschalteinrichtung müsse er nicht haben. Solche greifbaren Anhaltspunkte seien nicht erst dann gegeben, wenn es einen verpflichtenden Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) gebe.

„Im Klartext: Auch ohne Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt haben geschädigte Kunden Chancen auf die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen. Dass es keinen Rückruf des KBA gibt, heißt nicht, dass es keine unzulässige Abschalteinrichtung gibt. Das ist natürlich nicht nur für Mercedes-Kunden, sondern auch für die Käufer von Fahrzeugen anderer Hersteller interessant“, sagt Rechtsanwalt Franz Braun, CLLB Rechtsanwälte.

In dem Fall vor dem BGH hatte ein Mercedes-Kunde Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht. Für sein Fahrzeug mit dem Dieselmotor des Typs OM 651 lag zwar kein Rückruf des KBA vor, allerdings hat die Behörde andere Mercedes-Modelle mit Motoren aus derselben Reihe zurückgerufen. Zudem hat auch die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei Mercedes-Motoren der Typen OM 651 und OM 642 eingeleitet. Außerdem bot der Kläger die Einholung eines Sachverständigengutachtens an.

Dem OLG Celle war das zu wenig. Der Vortrag sei „ins Blaue hinein“ erfolgt und eine weitere Beweisaufnahme nicht erforderlich. Damit habe das OLG einen Verfahrensfehler begangen und den Kläger seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verweigert, rüffelte der BGH.

Von dem Kläger könne nicht verlangt werden, dass er genau darlege, wie eine mögliche Abschalteinrichtung im Detail funktioniere. Er habe aber ausreichende Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung geliefert, stellte der BGH klar. Greifbare Anhaltspunkte für die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung seien nicht erst dann gegeben, wenn das Kraftfahrt-Bundesamt einen Rückruf angeordnet habe. Das OLG hätte daher in die weitere Beweisaufnahme eintreten müssen.

Auch wenn die Klage letztlich wegen eines formalen Fehlers zurückgewiesen werden musste, machte der BGH sehr deutlich, dass dem Kläger sein Anspruch auf rechtliches Gehör nicht einfach verweigert werden darf.

„Verschiedene Gerichte haben Daimler bereits wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu Schadensersatz verurteilt. Die Chancen Schadensersatzansprüche durchzusetzen, sind nach dem BGH-Beschluss noch weiter gestiegen – auch wenn noch kein Rückruf des KBA vorliegt“, so Rechtsanwalt Braun.

Mehr Informationen: https://www.diesel-abgasskandal.de/mercedes-abgasskandal/

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