Es könnte ein böses Erwachen werden. Denn viele Kurzarbeiter müssen erstmals eine Steuererklärung abgeben und auf einige Arbeitnehmer könnten Steuernachzahlungen warten. Progressionsvorbehalt heißt das im Fachjargon. Gleichzeitig könnte der Wegfall von Fahrtkosten zu einer geringeren Steuererstattung führen. Andererseits können durch die Home-Office-Pauschale Steuern gespart werden. Mit welchen Überraschungen Arbeitnehmer bei der Steuer rechnen müssen, weiß ARAG Rechtsexperte Tobias Klingelhöfer.

Was ist mit dem Progressionsvorbehalt gemeint und kann sich das auf die Steuer auswirken?
Tobias Klingelhöfer:
Indirekt werden Empfänger von Kurzarbeit durch den Progressionsvorbehalt nachträglich belastet. Das Kurzarbeitergeld selbst ist zwar steuerfrei. Dennoch zählt es zum Gesamteinkommen dazu und hierdurch kann sich die Steuerlast erhöhen. Das kann dann unterm Strich zu einer Steuernachzahlung führen. In der Regel können Arbeitnehmer sich das von einem handelsüblichen Steuerprogramm ausrechnen lassen, indem sie dort in der Anlage N die Höhe des Kurzarbeitergeldes eintragen. Der Betrag steht auf der Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitgebers. Übrigens: Alle Arbeitnehmer, die letztes Jahr mehr als 410 Euro Kurzarbeitergeld bekommen haben, müssen dieses Jahr eine Steuererklärung abgeben.

Wie wirkt sich das Home-Office auf die Pendlerpauschale aus?
Tobias Klingelhöfer:
Die Fahrtkosten für den Hin- und Rückweg zur Arbeit drücken die Steuerlast bei den meisten Arbeitnehmern kräftig nach unten. In Corona-Zeiten arbeiten aber viele von zu Hause aus. Aus pandemischer Sicht absolut nötig, aus Steuersicht könnte das jedoch zu weniger Erstattungen führen. Denn die Pendlerpauschale darf nur für die Tage genutzt werden, die Arbeitnehmer tatsächlich dienstlich unterwegs waren. Für diese Wege gilt dann allerdings die neue Pauschale: Ab dem 21. Kilometer können ab sofort 35 Cent geltend gemacht werden, vorher waren das 30 Cent. Und ich rate dringend davon ab, bei den Fahrtkosten zu schummeln. Finanzämter fragen durchaus schon einmal beim Arbeitgeber nach, ob der Mitarbeiter im Büro oder zu Hause war.

Lohnt sich die Home-Office-Pauschale für Steuerzahler?
Tobias Klingelhöfer:
In den Genuss der Home-Office-Pauschale kommen nur Arbeitnehmer, die ihr Büro komplett nach Hause verlegt haben. Nie zuvor gab es so viele Mitarbeiter in Heimarbeit wie in Zeiten von Corona. Und es haben natürlich nicht alle Arbeitnehmer ein komplett eingerichtetes, separates Büro daheim. Viele arbeiten am Küchentisch, in der Essecke oder im Gästezimmer. Aber wer von zu Hause aus arbeitet, verbraucht mehr Strom, Gas, Wasser, etc. Diese Mehrkosten konnte man bislang nur mit ‚echtem‘ Arbeitszimmer absetzen, was nur beruflich genutzt wird. Und genau hier soll die Home-Office-Pauschale Abhilfe schaffen.

Das Problem: Die Pauschale wird in die allgemeine Werbekostenpauschale, die bei 1.000 Euro liegt, inkludiert. Ein echter Mehrwert ist das also nicht. Die Home-Office-Pauschale lohnt sich daher nur für Arbeitnehmer, die mehr als 1.000 Euro für Werbungskosten ausgeben, z. B. für eigens angeschaffte Büromöbel für Zuhause, einen zusätzlichen Computer, Fortbildungen oder Telefon- und Internetkosten. Dafür kann es dann zusätzliche Erstattungen geben. Auch hier rate ich Arbeitnehmern, bei der Angabe der Home-Office-Tage genau zu sein. Das Finanzamt ist wachsam.

Kann man die Home-Office-Pauschale und Pendlerpauschale gleichzeitig anrechnen?
Tobias Klingelhöfer:
Nein, das geht nicht. Die Home-Office-Pauschale kann nur für die Tage geltend gemacht werden, an denen der Arbeitnehmer vollständig von zu Hause aus gearbeitet hat. Fährt er ins Büro – und sei es, um nur kurz Unterlagen nach Hause zu holen – muss er für den Tag die Entfernungspauschale berechnen und den Tag von der Home-Office-Pauschale abziehen, das sind fünf Euro pro Tag und maximal 600 Euro im Jahr.

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