Erneut hat ein Gericht VW wegen Betrugs zu Schadensersatz und Fahrzeugrücknahme verurteilt, obwohl die Diesel-Klage erst im Jahr 2020 eingereicht wurde. Erstmalig geht es dabei um einen Gebrauchtwagen mit dem Skandalmotor EA189, einen VW Passat. Anstatt § 826 BGB für die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung mit einer Verjährungsfrist von drei Jahren anzuwenden, zog das Landgericht Bayreuth den § 852 BGB heran, bei dem ein Schadensersatzanspruch auch nach Eintritt der Verjährung besteht.

Nachdem der Bundesgerichtshof im letzten Jahr die Volkswagen AG für die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Rahmen des Dieselskandals um den Motor EA189 verurteilt hatte, musste der Konzern vielen betroffenen Haltern Entschädigungen zahlen. Grundlage war der Paragraf 826 BGB, womit ein Großteil der anhängigen Verfahren abgeschlossen werden konnte.

Entscheidend bei § 826 BGB: die Verjährung der Tat setzt im dritten Jahr nach Kenntnis des Betrugs ein und die meisten Gerichte hatten die Jahre 2015 und 2016 als Startpunkt der Verjährungsfrist angesetzt. Da viele Fahrzeughalter:innen mit EA189 Motoren allerdings bis zum Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs gewartet hatten, reichten sie ihre Klagen erst 2020 ein – ausgehend von § 826 BGB also zu spät.

Die gute Nachricht vom Landgericht Bayreuth: Unter Bezugnahme auf § 852 BGB gibt es für betroffene Halter:innen einen Entschädigungsanspruch auch nach Eintritt der dreijährigen Verjährungsfrist. Im vorliegenden Fall ging es um einen gebrauchten VW Passat, erworben im Jahr 2015. Das Gericht verurteilte VW zur Rücknahme des Fahrzeugs sowie zu einer Schadensersatzzahlung an den Halter in Höhe von 9.300 Euro. Damit wurde der § 852 BGB erstmals auch auf einen Gebrauchtwagen angewandt.

Bei § 852 BGB handelt es sich um einen Anspruch aus unerlaubter Handlung, der in Höhe der Bereicherung nicht verjährt. Die unerlaubte Handlung von Volkswagen ist die sittenwidrige, vorsätzliche Schädigung durch den Abgasbetrug, wie ihn der Bundesgerichtshof im letztjährigen Grundsatzurteil bestätigte. Die Bereicherung ist hier der Kaufpreis, den der Käufer für das Fahrzeug bezahlte.

Zuvor hatten bereits andere Gerichte, etwa das OLG Oldenburg oder das OLG Stuttgart, auf Grundlage des § 852 BGB entschieden und VW zur Entschädigung der Halter:innen verurteilt, obwohl die dreijährige Verjährungsfrist zur Klageeinreichung bereits abgelaufen war.

Volkswagens Versuch, die Anwendung des § 852 BGB mit einem umfangreichen Rechtsgutachten zu verhindern, erleidet damit einen weiteren Rückschlag. Der Konzern hatte im Vorfeld der Entscheidungen ein umfangreiches Rechtsgutachten vorgelegt, um die Bedeutung dieser Anspruchsgrundlage zu relativieren. Im Falle einer Anwendung von § 852 BGB, so das Plädoyer des Gutachters, solle Volkswagen höchstens einen Betrag von 500 Euro zahlen – bei gleichzeitiger Herausgabe des Fahrzeugs durch die/den Halter:in.

Für Fahrzeughalter:innen, in deren VW, Audi, Seat oder Skoda ein Diesel-Motor vom Typ EA189 eingebaut ist, bedeuten die Urteile, dass sie ihr Recht auf Schadensersatz nach wie vor durchsetzen können. Entscheidend ist dabei, dass das Fahrzeug vor dem 22.09.2015 gekauft wurde. Ob und inwieweit Fahrzeughalter:innen Entschädigung zusteht, lässt sich mit dem kostenlosen Online-Check von Gansel Rechtsanwälte in wenigen Schritten ermitteln.

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