Der Rundfunkbeitrag ist zwar verfassungsgemäß, doch mit der Bezahlung hadern viele Bundesbürger, weshalb manch einer auf kuriose Ideen kommt, um sich vor der Zahlung zu drücken. Eine Idee, die bereits seit Jahren im Netz kursiert, ist, den Beitragsservice damit zu ärgern, den Rundfunkbeitrag in bar zahlen zu wollen. Am morgigen Dienstag wird zu dieser Fragestellung der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilen. Der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke erläutert vorab den Fall:

Christian Solmecke: „Initiator dieser Idee war der Journalist Norbert Häring. Seine Intention jedoch ist gar nicht, den Beitragsservice zu ärgern, sondern ihm geht es um eine immer wieder diskutierte Fragestellung um die Erhaltung des Bargeldes im Gegensatz zum immer mehr genutzten digitalen Zahlungsverkehr. Eine wenn man so will urdeutsche Fragestellung, hortet nach aktuellen Umfragen doch im Durchschnitt jeder Deutsche 1364 Euro in bar zu Hause.

Härting jedenfalls wies darauf hin, dass im Gebührenbescheid des Rundfunkbeitrages lediglich zwei Zahlungsmöglichkeiten zur Auswahl stehen- Einzugsermächtigung oder Überweisung. Der Journalist und ein Mitstreiter wollen den Beitrag jedoch nur in bar entrichten. Der Hessische Rundfunk (HR) lehnte dies ab und versandte Festsetzungsbescheide. Er berief sich auf seine Rundfunkbeitragssatzung, die eine Barzahlung ausschließt. Die beiden Beitragspflichtigen fochten die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge daraufhin an und wollen seither gerichtlich feststellen lassen, dass sie berechtigt sind, Rundfunkbeiträge in bar zu zahlen. Der Rechtsstreit ist inzwischen beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) anhängig.

Und nach Ansicht der Leipziger Richter verstößt die Regelung in der HR-Beitragssatzung womöglich tatsächlich gegen das Barzahlungsrecht aus § 14 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (BBankG). Danach sind „in Deutschland (…) auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel„. Dies würde bedeuten, dass auch die Rundfunkanstalten und der Beitragsservice Barzahlungen annehmen müssten, worauf sie allerdings bislang nicht eingerichtet sind. Wäre allein das deutsche Recht maßgeblich, wäre die Sache also klar. Allerdings gibt es noch geltendes EU-Recht. Und dieses könnte der deutschen Regelung entgegenstehen.

Für das BVerwG stellten sich daher vorab zwei Fragen, mit denen sich die Richter zunächst an den EuGH wandten und das Verfahren bis zur Beantwortung aussetzten:

  1. Durfte die Bundesrepublik überhaupt eine nationale Regelung wie die des BBankG treffen, obwohl die ausschließliche Zuständigkeit für die Währungspolitik bei der Europäischen Union (EU) liegt?
  2. Und durfte der HR die Zahlung in bar ablehnen, obwohl geltendes EU-Recht „Euro-Banknoten“ als gesetzliches Zahlungsmittel festlegt?  

Zu diesen spannenden Fragen wird der EuGH am morgigen Dienstag nun sein Urteil verkünden.

Hinsichtlich der ersten Fragestellung hatte der zuständige Generalanwalt in seinen Schlussanträgen im September 2020 bereits festgestellt, dass jegliche nationale Bargeldregelungen, welche die „Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels“ regelten, mit Unionsrecht unvereinbar seien. Da die deutsche Norm den unionsrechtlichen Begriff ergänze, greife der deutsche Gesetzgeber in die ausschließliche Zuständigkeit der Union ein, weshalb die Norm als europarechtwidrig einzustufen sei.

Art. 128 AEUV sieht vor, dass Euro-Banknoten das einzige gesetzliche Zahlungsmittel innerhalb der EU sind. Den Begriff „Euro-Banknote“ legte der EuGH-Generalanwalt dahingehend aus, dass Gläubiger grundsätzlich dazu verpflichtet seien, auch Bargeld anzunehmen.

Allerdings gebe es zwei Ausnahmen: Einerseits könne zwischen den Vertragsparteien privatautonom ein anderes Zahlungsmittel als Bargeld vereinbart werden und zum anderen könnten die einzelnen EU-Mitgliedstaaten Bargeldzahlungen auch in eigenen Rechtsvorschriften beschränken. Eine solche gesetzliche Regelung müsste dann allerdings im öffentlichen Interesse sein, eine Bargeldzahlung nicht vollständig abschaffen und die Geldschulden müssten auch auf anderem Wege beglichen werden können.

Christian Solmecke: „Ein absolutes Recht auf Barzahlung sieht das EU-Recht damit nach Auffassung des Generalanwalts nicht vor. Ob das allerdings zum Erfolg für den HR führt, bleibt abzuwarten, denn der Generalanwalt machte abschließend deutlich, dass Bargeld auch ein wesentliches Element sozialer Eingliederung- und daher von grundrechtlicher Bedeutung sei. Schließlich gibt es zahlreiche EU-Bürger, für die Bargeld weiterhin das einzige Zahlungsmittel darstellt. Die EU-Mitgliedstaaten seien daher nach Überzeugung des Generalanwaltes verpflichtet, schutzbedürftigen Personen ohne Zugang zu grundlegenden Finanzdienstleistungen zu ermöglichen, ihre Verpflichtungen – insbesondere die öffentlich-rechtlicher Art – ohne zusätzliche Belastung zu erfüllen. Der Generalanwalt hat in jedem Fall seine Zweifel, ob die Regelung des HR, wonach Euro-Banknoten offenbar absolut und ausnahmslos ausgeschlossen sind, rechtmäßig ist.

Ob der EuGH sich der Auffassung des Generalanwalts anschließen wird, wird sich morgen zeigen. Daran gebunden ist er nicht. Anschließend muss sodann das BVerwG die Beitragssatzung des HR anhand der EuGH-Ausführungen prüfen. Bis zu einer Entscheidung des BVerwG, bleibt eine Zahlung in bar weiterhin ausgeschlossen.

Sollten sich die Kläger mit ihrer Klage am Ende durchsetzen, so könnte sich der vermeintliche Erfolg zudem schnell als Bumerang erweisen. Schließlich würde die Einrichtung von entsprechenden Annahmestellen neue Kosten aufwerfen, die sich dann wiederum in höheren Beiträgen für die Gebührenzahler niederschlagen dürfte. Und ein Fakt bleibt: Der Rundfunkbeitrag ist und bleibt auch künftig zu entrichten.“

Über Wilde Beuger Solmecke Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Die Kölner Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE hat sich auf die Beratung der Online- und Medienbranche spezialisiert. Insgesamt arbeiten in der Kanzlei 20 Anwälte. Rechtsanwalt Christian Solmecke hat in den vergangenen Jahren den Bereich Internetrecht/E-Commerce sowie die Bereiche Verkehrsrecht und Datenschutzrecht stetig ausgebaut. Gemeinsam mit seinem Team vertritt er zahlreiche betroffene Kunden rund um den Abgasskandal. Darüber hinaus betreut er zahlreiche Medienschaffende und Web 2.0 Plattformen.

Neben seiner Kanzleitätigkeit ist Christian Solmecke auch Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Kommunikation und Recht im Internet (DIKRI) an der Cologne Business School (http://www.dikri.de). Dort beschäftigt er sich insbesondere mit den Rechtsfragen in Sozialen Netzen. Vor seiner Tätigkeit als Anwalt arbeitete Solmecke mehrere Jahre als Journalist für den Westdeutschen Rundfunk und andere Medien.

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